Archiv der Kategorie: Motorisiert: Island – Osteuropa

Russland – St. Petersburg (2)

Kein U-Bahn-Netz der Welt liegt so tief wie das von St. Petersburg – zwischen 80 und 100 Meter unter der Erde. Und auch architektonisch ist die Metro eine eigene Welt.
Nur sieben der 67 Stationen, die sich auf fünf Linien fast ausschließlich im Zentrum verteilen, sind oberirdisch oder liegen nur knapp unter der Erde. Denn um im weichen Schwemmboden des Newa-Deltas überhaupt eine Untergrundbahn verlegen zu können, mussten die sowjetischen Metrobauer sehr sehr weit hinunter.

Prunkvoll gestalteter Eingang Admiralteyskaya

Prunkvoll gestalteter Eingang Admiralteyskaya

Die 125 m lange Hauptrolltreppe an der Admiralteyskaya führt 69 m in die Tiefe

Die 125 m lange Hauptrolltreppe an der Admiralteyskaya führt 69 m in die Tiefe

Die erst 2011 eröffnete Station Admiralteyskaya in St. Petersburg ist die tiefste U-Bahn-Station Russlands und die zweittiefste der Welt. Sie liegt 86 Meter unter der Oberfläche. Zu erreichen ist sie über ein System aus Rolltreppen und Aufzügen.

Das Metronetz punktet mit absoluter Sauberkeit

Das Metronetz punktet mit absoluter Sauberkeit

Mit einer Metromünze, einem Jeton, fährt man beliebig lange und weit. Täglich nutzen etwa zwei Millionen Menschen die Metro, es herrscht also oft Gedränge, in dem man am besten mitschwimmt. Die schneller als gewöhnlich laufenden, endlos lang scheinenden Rolltreppen, auf die man beherzt auf- und abspringen sollte, brauchen zwei bis drei Minuten, um die tief liegenden Gleise zu erreichen.

Putilovskaya

Putilovskaya

Seinerzeit wurde auf Stalins Geheiß das Massenverkehrsmittel in einer Pracht ausstaffiert, wie es sie zuvor nur in Adelspalästen und Kirchen gegeben hatte. Wie Kathedralen für das werktätige Volk sollten die Stationen sein – und die tägliche Fahrt zur Arbeit bereits ein Hinweis auf die goldene Zukunft des Kommunismus.

Puschkinskaja

Puschkinskaja

Komendantskiy

Komendantskiy

Station Awtowo

Station Awtowo

Die Metrozüge rollen auf der roten Linie 1 unter Kronleuchtern durch die einstige Endstation Awtowo.

Relief-Glaskacheln in der Awtowo-Station

Relief-Glaskacheln in der Awtowo-Station

Aufwändiger als gedacht war die Verkleidung der Säulen mit zu Spiegeln geschliffenen Relief-Glaskacheln: Man schaffte es nur an 16 der 46 Säulen.

Die Metro leistet uns gute Dienste, um die vielen sehenswerten Stadtviertel zu erreichen.

Unübersehbar thront die goldene Kuppel der Isaak-Kathedrale über dem Stadtzentrum. Das 200 Jahre alte Bauwerk ist mit 101,5 Metern zwar nicht das höchste, aber das mächtigste Bauwerk des historischen Petersburgs.

 Isaak-Kathedrale

Isaak-Kathedrale

Aufstieg zur Kuppel

Aufstieg zur Kuppel

Über eine enge Wendeltreppe gelangen wir zur Kuppel, deren Kolonnade in 41 Metern Höhe einen perfekten Rundumblick auf die Stadt bietet.

Blick von oben auf die Eremitage

Blick von oben auf die Eremitage

Am Newa-Fluss

Am Newa-Fluss

Die Turmspitze der Admiralität gilt als Wahrzeichen von St. Petersburg

Die Turmspitze der Admiralität gilt als Wahrzeichen von St. Petersburg

Dreifaltigkeitskathedrale

Dreifaltigkeitskathedrale

Die Kuppel der Isaak-Kathedrale

Die Kuppel der Isaak-Kathedrale

Durch den Park schlendern wir zum Ehernen Reiter, einem Denkmal des Zaren Peter der Große, welches Katharina II. schaffen ließ.

Eherner Reiter

Eherner Reiter

Für die Ausdrucksstärke der gut zehn Meter hohen Komposition ist zum großen Teil der Sockel in Form einer sich überschlagenden Welle verantwortlich. Er wurde aus einem großen Findling gehauen, der auch die vorne und hinten angesetzten Stücke lieferte.
Der Finder des Steins in einem nahe gelegenen Wald wurde fürstlich entlohnt, aber der Transport gestaltete sich zu einer titanischen Aufgabe, die zwei Jahre dauerte. Der freigelegte Stein wurde auf eine Holzplattform gezogen, die über Kupferkugeln in hölzernen Schienen rollte. Im Winter 1769 gelang es so allein mit menschlicher Muskelkraft, den Stein acht Kilometer weit über den gefrorenen Boden zur Küste zu bugsieren. Währenddessen saßen Steinmetze auf dem Koloss, um unnötiges Material abzuschlagen. Mit einem von Segelschiffen flankierten Ponton wurde der 1250 Tonnen schwere Stein zu seinem Bestimmungsort transportiert. Niemals zuvor – und danach – wurde in der Geschichte von Menschen ein schwererer Monolith bewegt.

Rostrasäule auf der Wassili-Insel

Rostrasäule auf der Wassili-Insel

Die Rostrasäulen – es gibt zwei – stehen an der Strelka, der Spitze der Wassili-Insel, die den Newa-Strom auf dem Weg zur Ostsee teilt. Die Säulen wurden um 1810 zur Feier der Seesiege über die Schweden vor der alten Börse errichtet.

Durch das bogenförmige Generalstabsgebäude mit doppeltem Triumphbogen mit römischer Quadriga entdecken wir den Winterpalast mit der Alexandersäule

Durch das bogenförmige Generalstabsgebäude mit doppeltem Triumphbogen mit römischer Quadriga entdecken wir den Winterpalast mit der Alexandersäule

Eines der reichsten Kunstmuseen der Welt in einem der prunkvollsten Paläste Europas – diese wundervolle Kombination eröffnet sich uns beim Besuch der Eremitage, einem zentralen Bestandteil der zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Sankt Petersburger Innenstadt. Die Hauptresidenz der Romanow-Dynastie muss man einfach gesehen haben!

Winterpalast - Herz der Eremitage

Winterpalast – Herz der Eremitage

Quadriga auf dem Generalstabsgebäude der Eremitage

Quadriga auf dem Generalstabsgebäude der Eremitage

Die gefürchteten Anstellschlangen umgehen wir mit dem Ticketautomaten

Die gefürchteten Anstellschlangen umgehen wir mit dem Ticketautomaten

Der Bestand des Museums umfasst fast drei Millionen Objekte; in mehr als 350 Sälen sind rund 65.000 Exponate ausgestellt, unter anderem zwei Werke Leonardo da Vincis.

Die Jordan-Treppe

Die Jordan-Treppe

Über die prachtvolle, mit Gold und weißem Carrara-Marmor ausgestattete Jordan-Treppe ging die Zarenfamilie in jedem Jahr am Tag der Taufe Jesu im Jordan, um der Wasserweihe auf der Newa beizuwohnen. Nach einem Brand 1837 wurde die Treppe weitgehend originalgetreu rekonstruiert.

Wappensaal

Wappensaal

Die namensgebenden Wappen der russischen Gouvernements fallen angesichts der goldgleißenden Pracht seiner Säulen kaum ins Auge: Sie sind in den Kronleuchtern versteckt!

Kleine Wappen stecken in den Kronleuchtern

Kleine Wappen stecken in den Kronleuchtern

Militärgalerie von 1812 mit mehr als 300 Porträts von Generälen

Militärgalerie von 1812 mit mehr als 300 Porträts von Generälen

Palastkirche

Palastkirche

Erst 2014 wurde die Palastkirche weitgehend wieder so hergestellt, wie Rastrelli sie 1754 bis 1762 schuf.

Der Zar trug diese Uniform am 1. März 1881

Der Zar trug diese Uniform am 1. März 1881

In einer Vitrine liegt der beim tödlichen Attentat 1881 zerfetzte Uniformrock des Zaren Alexander II.

Im Alexander-Saal wird das Tafelsilber des Zarenhofs ausgestellt

Im Alexander-Saal wird das Tafelsilber des Zarenhofs ausgestellt

Der Goldene Saal - hier wohnte im 19. Jhrd. Zarin Maria Aleksandrowna

Der Goldene Saal – hier wohnte im 19. Jhrd. Zarin Maria Aleksandrowna

Bibliothek Nikolaus II. von 1895

Bibliothek Nikolaus II. von 1895

Der Malachit-Saal, einer der nobelsten Wohnräume des Palastes

Der Malachit-Saal, einer der nobelsten Wohnräume des Palastes

Durch einen mit Teppichen behängten Korridor geht es ...

Durch einen mit Teppichen behängten Korridor geht es …

... in den traumhaften Pavillonsaal in der Kleinen Eremitage

… in den traumhaften Pavillonsaal in der Kleinen Eremitage

Aus diesem in einem arabisch und römisch angehauchten Stil gestalteten hohen Raum öffnet sich der Blick auf die Newa.

Newa mit Strelka und alter Börse

Newa mit Strelka und alter Börse

Die Kleine Eremitage verfügt über einen von außen nicht einsehbaren Dachgarten

Die Kleine Eremitage verfügt über einen von außen nicht einsehbaren Dachgarten

Wunderschönes römisches Mosaik im Pavillonsaal

Wunderschönes römisches Mosaik im Pavillonsaal

Pfauen-Uhr

Pfauen-Uhr

Im Pavillonsaal befindet sich auch die berühmte Pfauen-Uhr aus den 1770er Jahren. Ihre Mechanik ist funktionsfähig, wird aber nur ein- bis zweimal im Monat in Gang gesetzt, und das ist heute leider nicht der Fall …

Die Alte Eremitage ist den alten Meistern Italiens vorbehalten; ihr Höhepunkt ist der Da-Vinci-Saal mit zwei Madonnen des großen Meisters.

"Madonna Litta"

„Madonna Litta“

Das Bild der Stillenden Madonna oder Madonna Litta ist wohl eines der bekanntesten Werke Leonardo da Vincis, obwohl es nach Meinung vieler Kunstexperten nur teilweise von ihm stammen soll.

 Leonardo da Vincis „Madonna Benois“

Leonardo da Vincis „Madonna Benois“

1914 erwarb der russische Zar Nikolaus II. die Madonna Benois für die Eremitage zu einem Preis von umgerechnet rund anderthalb Millionen US-Dollar. Damit war es das bis dahin am teuersten verkaufte Gemälde.

Raffael-Loggien

Raffael-Loggien

Die ebenso farbenprächtig wie üppig ausgemalten Raffael-Loggien sind eine schon in den 1780er Jahren angefertigte Kopie eines Ganges im Apostolischen Palast des Vatikans.

Die Loggien leiten in die 70 Jahre jüngere Neue Eremitage über.

Riesige Malachit-Vase im Treppenhaus

Riesige Malachit-Vase im Treppenhaus

Es wird empfohlen, an der Malachit-Vase treppab zu gehen, um noch einen Rundgang durch die gänzlich in Marmor gewandeten Antiken Säle im Erdgeschoss der Neuen Eremitage zu machen.

Antiker Saal

Antiker Saal

Durch die ägyptische Abteilung gelangen wir dann ziemlich erschöpft zum Ausgang

Durch die ägyptische Abteilung gelangen wir dann ziemlich erschöpft zum Ausgang

Russland – Kloster Walaam und St. Petersburg (1)

Heute überquere ich die finnisch-russische Grenze bei Vyartsilya. Ein wenig Anspannung ist schon dabei, denn man braucht ein Visum sowie einen – wenngleich auch vermeintlich – Einladenden, und zudem führe ich noch ein Fahrzeug ein.

Finnisch-russische Grenze

Finnisch-russische Grenze

Es geht jedoch alles gut. Ich muss zwar meine Packtaschen öffnen und man schaut hinein, aber das Auspacken bleibt mir erspart. Eine befürchtete Schikane gibt es nicht.

Bei einem Formular muss mir ein Grenzbeamter helfen, da es lediglich kyrillische Buchstaben aufweist und ich überhaupt nichts entziffern kann. Der freundliche Mensch spricht ein paar Wörter Englisch, sodass ich alles Erforderliche eintragen kann. Es gibt einen Stempel in den Reisepass, und man legt ein Einreiseformular dazu, mittels dem ich binnen eines Monats  Russland wieder verlassen muss. Nach zwei Stunden sind alle Formalitäten erledigt, und ich darf einreisen.

65 Kilometer nach Grenzüberquerung erreiche ich die Stadt Sortavala am Ladagosee, wo ich zwei Tage bleiben werde.

Sankt Nikolauskirche in Sortavala

Sankt Nikolauskirche in Sortavala

Ich möchte das Kloster Walaam besichtigen, nach dessen Verlassen im Jahr 1940 orthodoxe Mönche das finnische Uusi Valamon errichteten. Das Kloster liegt auf der gleichnamigen Inselgruppe im nordöstlichen Teil des Ladogasees, 80 Kilometer nördlich von Sankt Petersburg.

Das Schiff darf nicht auslaufen

Das Schiff darf nicht auslaufen

Die staatlichen Schiffe haben witterungsbedingt keine Auslaufgenehmigung, obwohl weder Sturm noch Wellengang zu beobachten sind. Aber ein privater Bootseigner, den ich auf dem Anleger antreffe, erklärt sich bereit, fünf Besucher, darunter auch mich, zur Insel überzusetzen. Unterwegs wird es unvermittelt ziemlich windig, sodass wir Schwimmwesten anziehen.

Bootsüberfahrt mit Schwimmweste

Bootsüberfahrt mit Schwimmweste

Kloster Walaam

Kloster Walaam

Der Zeitpunkt der Gründung des Klosters ist nicht bekannt, man vermutet jedoch als Baubeginn das 14. Jahrhundert.
Im 17. Jahrhundert, das Kloster lag im ehemaligen Grenzgebiet zwischen Russland und Schweden, wurde es oft angegriffen und verwüstet, es brannte bis auf die Grundmauern aus. Man restaurierte es, und 1812 kam das Kloster unter die Herrschaft des russischen Großfürstentums Finnland.

Die Kathedrale des Klosters liegt in einem Innenhof

Die Kathedrale des Klosters liegt in einem Innenhof

Zeitweise lebten 3000 Mönche in der Anlage. 1917 wurde Finnland unabhängig von der russisch-orthodoxen Kirche. 1940 im Winterkrieg evakuierte man die verbliebenen 150 Mönche nach Uusi Valamon, wo diese das neue Kloster gründeten, das ich vor einigen Tagen besucht habe.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Insel als sowjetische Militärbasis und das Kloster als Invalidenheim, Offizierskasino und Lager genutzt. Dann führten Grenzverschiebungen dazu, dass die Insel Walaam und der ganze Ladogasee nunmehr auf russischem Staatsgebiet liegen.
In den 1980er Jahren lockerte man die Beschränkungen für die orthodoxe Kirche, das Kloster wurde 1989 wiederbelebt und die Einrichtungen jahrelang restauriert.

Eingang zum Innenhof mit der prächtigen Kathedrale

Eingang zum Innenhof mit der prächtigen Kathedrale

Hervorragend restaurierte Kathedrale

Hervorragend restaurierte Kathedrale

Für die Rückfahrt bin ich rechtzeitig zurück am Boot. Wir müssen aber noch auf zwei Mitfahrende warten, die sich um eine halbe Stunde verspäten. Der Bootseigner warnt vor zunehmendem Sturm, und das Warten auf die beiden Fehlenden nervt mehr und mehr.

Noch ist es ruhig auf den Kanälen zwischen den Inseln

Noch ist es ruhig auf den Kanälen zwischen den Inseln

Als wir dann die Inselgruppe verlassen, haben Sturm und Wellengang bereits beträchtlich an Fahrt aufgenommen. Nun ist auch mir klar, warum das staatliche Schiff heute Morgen nicht auslaufen durfte! Wir werden aufgefordert uns festzuhalten. Unser Boot nimmt tapfer jede Welle, und eine Weile lang sehe ich statt des Horizonts den Himmel, um danach mit Schwung wieder auf die Wasseroberfläche zu krachen. Das einzig Gute ist, dass mir vor lauter Anspannung gar nicht übel werden kann. Die nächste Welle erwischt uns voll, und ein Wasserschwall ergießt sich über uns. Gott sei Dank ist unser Bootsmann immer noch guter Dinge. Am Ende sind wir alle froh, diese abenteuerliche Fahrt überstanden zu haben.

Heil wieder zurück an Land

Heil wieder zurück an Land

Morgen geht es weiter nach Sankt Petersburg. Ich muss schauen, dass ich dort eine BMW-Werkstatt finde, denn die nächste Inspektion ist unbedingt dran.

Katrin wird übermorgen für vier Tage nach Sankt Petersburg kommen, sodass ich mich besser vorher ums Motorrad kümmere. Und tatsächlich werde ich fündig – nach zweieinhalb Kilometern zu Fuß von meiner Unterkunft aus gelange ich zur hiesigen Werkstatt, in die ich mein Motorrad am kommenden Tag zum Durchchecken bringe.

Sankt Petersburger BMW-Werkstatt

Sankt Petersburger BMW-Werkstatt

Toreingang zum Inn Merion

Toreingang zum Inn Merion

Das „Inn Merion“ in der Povarskoy pereulok 11 bietet in einem Gebäude mit Renovierungsstau auf dem Hinterhof nur sechs oder sieben Zimmer in erstaunlich kleinem Format: Auf etwa zwölf Quadratmetern ist unterhalb eines unter der Zimmerdecke eingezogenen Alkovens auch noch Platz für eine Garderobe, ein Bad sowie eine winzige, aber funktionale Küchenzeile.
Mein Motorrad hat jedoch einen sicheren Platz in dem Innenhof, in den man nur durch ein Code gesichertes Tor gelangt.

Typische Regenwasserentsorgung - dicke Fallrohre zieren die Häuserwände

Typische Regenwasserentsorgung – dicke Fallrohre zieren die Häuserwände

Eingang zum Art Center Puschkinskaja 10

Eingang zum Art Center Puschkinskaja 10

Der Name „Puschkinskaja 10“ klingt zwar wie die Adresse,  aber Zugang zu diesem alternativen Mikrokosmos zwei Straßen vom Inn Merion entfernt findet man nur durch eine marode Toreinfahrt in der Parallelstraße. 1989 besetzten Künstler und Musiker das leerstehende Haus, und die Stadt zeigte sich kompromissbereit: Während die Wohnungen im Vorderhaus teuer saniert verkauft wurden, ging das heutige Kunstzentrum an eine Stiftung der etwa 40 Künstler – aber eben mit Eingang von der Rückseite.

Eine inzwischen historische Collage

Eine inzwischen historische Collage

Fahrrad-Installation

Fahrrad-Installation

Das Inn Merion, in dem wir abgestiegen sind, liegt benachbart zur Vladimirskaya, die von Gläubigen stark frequentiert ist.

Die Vladimirskaya

Die Vladimirskaya

Trotz ihrer hübschen Barock-Optik zeichnen die Kathedrale ganz typische Eigenschaften des russischen Kirchenbaus aus: Der 64 Meter hohe Glockenturm steht separat, die hohe Hauptkuppel wird von vier Eckkuppeln umrahmt – und die Kirche ist zweistöckig: Über einer niedrigen, im Winter leichter zu beheizenden Unterkirche erhebt sich die helle Oberkirche. Leider sind mehrere Türme zurzeit verhüllt, aber die einst schwarzen Kuppeln erstrahlen schon jetzt in glänzendem Gold.

Von der Vladimirskaya ist es ein Katzensprung zum Newskij Prospekt, der Schlagader Sankt Petersburgs.
Er ist eine der ältesten Straßen der Stadt, und auf seinem drei Kilometer langen Hauptabschnitt liegt ein historisches Gebäude neben dem anderen.

Newskij Prospekt

Newskij Prospekt

Schön restauriertes Gebäude an der Fontanka

Schön restauriertes Gebäude an der Fontanka

Die Fontanka ist einer von 93 Flüssen und Kanälen in dieser schönen Stadt.

Anitschkow-Brücke mit "Rossebändigern"

Anitschkow-Brücke mit „Rossebändigern“

Die Anitschkow-Brücke des Newskij Prospekt überspannt die Fontanka. Zwischen 1840 und 1850 schuf ein deutschbaltischer Bildhauer die vier bronzenen Pferdeskulpturen, die zeigen, wie ein entblößter junger Mann ein Pferd bändigt. Während der Belagerung Leningrads waren die Skulpturen in der Nähe vergraben.

Markantes Feinkostgeschäft der Gebrüder Jelissejew

Markantes Feinkostgeschäft der Gebrüder Jelissejew

Feinkost gibt es schon seit 1903 bei Jelissejew

Feinkost gibt es schon seit 1903 bei Jelissejew

1903 eröffneten die Brüder Jelissejew ihren Gourmet-Tempel mit einem fünf Stockwerke hohen Schaufenster und üppigstem Jugendstil-Dekor.
Das prachtvolle, schon ins Kitschige abgleitende Interieur mit riesigen floralen Lampenkompositionen wurde sorgfältig restauriert und zieht heute vermutlich mehr Menschen an als das Angebot an Delikatessen – abgesehen vielleicht von der hausgefertigten Schokolade.

Denkmal Katharina die Große

Denkmal Katharina die Große

Direkt gegenüber befindet sich in einer Grünanlage das 1832 gebaute, mächtige Aleksandrinskij-Theater, vor das man ein 15 Meter hohes Denkmal für Katharina die Große gesetzt hat.
Der als Prinzessin Sophia von Anhalt-Zerbst geborenen Kaiserin zu Füßen sitzt eine illustre Auswahl aus acht Herren und – offenbar als Anstandswauwau – eine Dame.

Am Kaufhaus-Karree Gostinyj Dwor

Am Kaufhaus-Karree Gostinyj Dwor

Uriger Laubengang im Obergeschoss des Gostinyj Dwor

Uriger Laubengang im Obergeschoss des Gostinyj Dwor

Das UNESCO-Weltkulturerbe Gostinyj Dwor / Гостиный Двор von 1761 nimmt bei einer Fassadenlänge von mehr als einem Kilometer fast ein gesamtes Stadtviertel ein. Ein Brand 1990 sorgte für eine vollständige Umgestaltung des Innenraums, sodass es heute an die 200 meist exklusive Einzelgeschäfte gibt.

Schon Alexandre Dumas bezeichnete den Newskij Prospekt als „Straße der religiösen Toleranz“, denn hier finden sich mehrere Kirchen unterschiedlicher Zugehörigkeit.

Katholische St. Katharina Kirche am Newskij Prospekt

Katholische St. Katharina Kirche am Newskij Prospekt

Die St. Katharina wurde von 1763 bis 1783 errichtet und 1938 geschlossen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde das Gebäude 1992 wieder für den römisch-katholischen Gottesdienst geöffnet und restauriert.

Ev.-lutherische Petrikirche

Ev.-lutherische Petrikirche

Im Innern der Petrikirche

Im Innern der Petrikirche

Ein Blick in die 1838 eingeweihte St.-Petri-Kirche ist lohnend.
Mit ihren 700 Plätzen ist sie heute die größte evangelische Kirche Russlands.
Einen gewaltigen Einschnitt in das Leben der Petrigemeinde, deren Kirchengebäude damals 3000 Plätze umfasste, brachte das Jahr 1917 mit der Oktoberrevolution. Verfolgungen und Verhaftungen führen dazu, dass ein Großteil der Gemeindemitglieder floh, und die kirchlichen Gebäude wurden verstaatlicht.
Unter Stalin kam dann das Aus für die Kirchengemeinde: 1937 wurde die Kirche geschlossen und zweckentfremdet, die Pastoren verhaftet und erschossen.
In der Chruschtschow-Ära wurde das Gotteshaus 1962 zu einem Schwimmbad umgebaut; anstelle des Altars erhob sich ein Sprungturm. Auf den Tribünenplätzen, die es nach wie vor gibt, nehmen wir eine Weile Platz.
30 Jahre später, nach Rückgabe der Kirche an die Gemeinde, wollte man das Betonbecken abreißen. Das jedoch hätte zu einem Einsturz des Kirchengebäudes geführt. Daher deckte man das Becken nur mit einem neuen Boden ab, auf dem nun Bänke und Altar stehen. Dadurch ist der Kirchenraum heute zehn Meter weniger hoch als ursprünglich.
Die ehemalige Walcker-Orgel, an der Peter Tschaikowsky einst Unterricht erhielt, ist 1939 abgebaut worden und seither verschollen. Seitdem nutzt man eine Lehrorgel.

Armenische Kirche in klassizistischem Stil

Armenische Kirche in klassizistischem Stil

Zu Sowjetzeiten wurde die armenische Kirche als Kino genutzt.

Kasaner Kathedrale am Newskij Prospekt

Kasaner Kathedrale am Newskij Prospekt

Die Kasaner Kathedrale, ein großes russisch-orthodoxes Kirchenhaus von 1801, wird von einer Kolonnade aus 96 korinthischen Säulen flankiert. Damit sollte von dem Umstand, dass zur Hauptstraße nur ein Seiteneingang führt, abgelenkt werden. Denn traditionell liegt bei orthodoxen Kirchen der Altar im Osten und der Haupteingang im Westen.

Altar in der Kasaner Kathedrale

Altar in der Kasaner Kathedrale

Grand Café am Newskij Prospekt

Grand Café am Newskij Prospekt

Im urigen Grand Café mit seinem Gewölbe und alter Holzvertäfelung machen wir eine Verschnaufpause.

Singer-Haus mit auffallender Glaskuppel

Singer-Haus mit auffallender Glaskuppel

Das Singer-Haus ist der Blickfang schlechthin am Newskij Prospekt. Die Petersburger kennen das Gebäude mit der extravaganten hohen Glaskuppel seit bald 100 Jahren als Haus des Buches – hier residiert eine große Buchhandlung. Der Besuch lohnt allein schon wegen des eleganten Jugendstil-Interieurs.

In der ersten Etage der Buchhandlung

In der ersten Etage der Buchhandlung

Das Singer-Haus war ursprünglich die Russlandzentrale der US-Firma Singer, damals Weltführer bei Nähmaschinen, und passte zum innovativen Image des Konzerns. Es bekam 1904 als erstes Haus ein tragendes Eisenskelett wie ein Wolkenkratzer. Die für Petersburger Häuser so typischen dicken Regenrohre fehlen, denn sie sind in die Fassade integriert.

Cartier mit seinen roten Markisen an der Mojka

Cartier mit seinen roten Markisen an der Mojka

Boote fahren unter engen Brücken hindurch

Boote fahren unter engen Brücken hindurch

Auferstehungskirche

Auferstehungskirche

Die Christi-Auferstehungskirche auf dem Blute, so der offizielle Name, wurde an jener Stelle gebaut, an der 1881 ein Bombenattentat auf Zar Alexander II. geschah. Der Turm mit der goldenen Kuppel erhebt sich genau dort, wo auf der Uferstraße der Anschlag passierte.

Baldachin über dem Anschlagsort

Baldachin über dem Anschlagsort

Ein Jaspis-Baldachin überspannt ein Stück der Original-Uferbrüstung und das Straßenpflaster, auf dem der tödlich verwundete Kaiser sein Blut vergoss – womit sich der Name der Kirche erklärt.

Stilistisches Vorbild der Kirche ist die Basilius-Kathedrale auf dem Moskauer Roten Platz. Wie in alten orthodoxen Kirchen üblich scheint das Innere der Kirche bis in die hohe Kuppel mit ikonischen Fresken ausgemalt zu sein. Doch alle Heiligenbilder und Ornamente sind Mosaike! Mehr als 7000 Quadratmeter Wandfläche wurden in dieser russisch traditionellen Technik in zehn Jahren Arbeit mit winzigen bunten Steinplättchen verkleidet.

Keine Wandmalereien, sondern ausschließlich Mosaike

Keine Wandmalereien, sondern ausschließlich Mosaike

Altarraum, ebenfalls mit Mosaiken verziert

Altarraum, ebenfalls mit Mosaiken verziert

Stadtduma

Stadtduma

Der markante fünfeckige Turm der Stadtduma wurde 1804 errichtet. Die seltsame Metallkonstruktion auf der Spitze ist ein optischer Telegraf aus den 1830er Jahren: Bei gutem Wetter konnten damit innerhalb einer Viertelstunde Nachrichten ins 1200 Kilometer entfernte Warschau übermittelt werden.

Puschkin-Denkmal vor dem Russischen Museum

Puschkin-Denkmal vor dem Russischen Museum

Ein 34 Meter hoher Obelisk markiert das Ende des Newskij Prospekt

Ein 34 Meter hoher Obelisk markiert das Ende des Newskij Prospekt

Finnland

Suomi, wie die Finnen ihre Heimat nennen, übt als „Land der tausend Seen“ eine besondere Faszination aus.
Zahlreiche Hafenstädte ziehen sich am Bottnischen Küstensaum, der Westgrenze des Landes, entlang, und ich verlasse in Vaasa die Fähre. Vaasa ist die wärmste Stadt Finnlands; das Thermometer steigt zuweilen bis auf 25 Grad.
Verheerende Brände machten 1852 einen Neubau der Stadt notwendig, der recht nüchtern ausfiel. Heute prägen diese von fruchtbarem Ackerboden umgebende Stadt zahlreiche Korn- und Heuspeicher.

Zwei Silotürme setzen Akzente in Vaasas Stadtansicht

Zwei Silotürme setzen Akzente in Vaasas Stadtansicht

In keiner anderen Stadt Finnlands sprechen so viele Bewohner Schwedisch wie in dieser, die 1606 gegründet und nach dem schwedischen Königsgeschlecht Wasa benannt wurde. Nach der Unabhängigkeitserklärung 1917 wurde Vaasa für zehn Wochen Landeshauptstadt, bis am Ende des Bürgerkriegs Helsinki wiedererobert wurde.

Es ist Mittagszeit, und ich fahre von Vaasa Richtung Osten nach Jyväskylä. Die knapp 140.000 Einwohner zählende Stadt liegt sehr schön am Ufer des Jyväsjärvi.

An der Uferpromenade des Jyväsjärvi

An der Uferpromenade des Jyväsjärvi

Das Zentrum zwischen dem See und dem Höhenzug Harju mit seinen rechtwinklig angeordneten, zum Teil sehr steilen Straßen weist ein Nebeneinander von Holzhäusern und modern gestalteten mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäusern auf, was charakteristisch für Jyväskylä ist.

Toivolan Vanha Piha

Toivolan Vanha Piha

Das Toivolan Old Courtyard, ein Stadtviertel vom Ende des 19. Jahrhunderts, ist frei zugänglich. Neben kleinen Cafés, Handwerk und Museum kann man hier auch Kurse und Workshops besuchen. Während meines Besuchs ist allerdings nicht viel los; die historischen Holzhäuser sind jedoch schön anzusehen.

Gepflegtes historisches Viertel

Gepflegtes historisches Viertel

Alt und Neu nebeneinander

Alt und Neu nebeneinander

Jyväskylä Rathaus

Jyväskylä Rathaus

Lutherische Kirche im Stadtpark

Lutherische Kirche im Stadtpark

Stadtpark am Harju

Stadtpark am Harju

Durch den Stadtpark begebe ich mich auf den bewaldeten Höhenzug Harju zum Aussichtsturm Vesilinna, von dem aus ich einen schönen Blick auf die Stadt und den See habe.

Blick vom Aussichtsturm auf die Innenstadt und den Jyväsjärvi

Blick vom Aussichtsturm auf die Innenstadt und den Jyväsjärvi

Die Universität im 1837 vom russischen Zaren Nikolai I. gegründeten Jyväskylä liegt direkt am Wald und hat vor allem in der Fachrichtung Architektur große Bedeutung. Der berühmte Architekt Alvar Aaltos verbrachte seine Jugend in Jyväskylä und prägte die Stadt mit besonders vielen, in der Regel futuristisch wirkenden Gebäuden.
(Im Bremer Stadtteil Vahr wurde 1959 bis 1961 das 65 Meter hohe Aalto-Hochhaus, über dessen ästhetischen Wert man sich trotz des Denkmalschutzes trefflich streiten kann, nach seinen Plänen errichtet.)

Schwimmer im Jyväsjärvi

Schwimmer im Jyväsjärvi

Oha! Die Sonne scheint zwar, aber die Temperatur reizt mich nicht gerade ein Bad zu nehmen. Das scheint aber bei manchen Einheimischen anders zu sein.

Einer der zahlreichen Seen auf dem Weg zur russischen Grenze

Einer der zahlreichen Seen auf dem Weg zur russischen Grenze

Im äußersten Osten Finnlands erstreckt sich entlang der russischen Grenze die Landschaft Karelien, in derem nördlichen Teil ich mich inzwischen befinde.

Uusi Valamon

Uusi Valamon

Das einzige orthodoxe Männerkloster in Finnland ist Uusi Valamon, übersetzt „Neu-Valamo“. Hier fanden die orthodoxen Mönche eine neue Heimat, nachdem sie 1940, als die Russen in jenes Gebiet vorrückten, ihr altes Kloster auf der heute russischen Insel Walaam (Finnisch Valamon) im Ladogasee verlassen mussten. Sie retteten Ikonen, wertvolles Kirchengerät und Bücher der Klosterbibliothek aus dem 15. Jahrhundert.

In der Klosterkirche

In der Klosterkirche

Uusi Valamon mit seiner 1976 geweihten Kirche gilt als das größte russisch-orthodoxe Kloster außerhalb Russlands. Erst 1977 stellte das Kloster von der russischen auf die finnische Sprache um.

Die alte Klosterkirche (bis 1975)

Die alte Klosterkirche (bis 1975)

Innenraum der alten Kirche

Innenraum der alten Kirche

Lange Zeit lebten nur noch wenige Mönche in dem Kloster, dem schon die Schließung drohte. Doch geschäftstüchtige Mönche haben inzwischen ihr Kloster zu einem Glaubenszentrum für jedermann ausgebaut: Hotel, Tagungszentrum und Restaurant gehören nunmehr dazu.

Einer der Mönche, unterwegs auf dem sehr gepflegten Gelände

Einer der Mönche, unterwegs auf dem sehr gepflegten Gelände

Am frühen Nachmittag verlasse ich die Klosteranlage und fahre weiter gen Osten.

Zwischen dem finnischen Dörfchen Värtsila und der russischen Stadt gleichen Namens liegt die Grenze. In Värtsila ist das einzige Hotel voll – Mist! Freundlicherweise erkundigt sich die Frau an der Rezeption telefonisch bei einer einfachen Unterkunft nach einer Übernachtungsmöglichkeit für mich, und es klappt! Nach etwa vier Kilometern erreiche ich in Nirala ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude, in dem man mich jedoch überaus freundlich aufnimmt.

Einfache Unterkunft in Nirala

Einfache Unterkunft in Nirala

Mein Zimmer mit Küche und Bad

Mein Zimmer mit Küche und Bad

Die Sauna

Die Sauna

Extra für mich wird sogar die Sauna am See aufgeheizt. Ich mache drei Saunagänge und lege zwischendurch Holzscheite in den Ofen, damit die Temperatur konstant hoch bleibt. Zum Abkühlen nutze ich den See hinter der Sauna als Tauchbecken.

Abkühlen im See

Abkühlen im See

Und anschließend werde ich auch noch zum Essen eingeladen und mit reichlich Wein verwöhnt … – eine unglaubliche Gastfreundschaft!