Archiv der Kategorie: Teil 4: Südamerika

Im Amazonasgebiet

Während meines viertägigen Aufenthalts in Belém hole ich Erkundigungen für die geplante Schifffahrt ein.
Suelen Amorim, eine sehr freundliche Frau am Schiffsticket-Schalter, spricht leider nur Portugiesisch, holt sich aber jemand Englisch sprechenden hinzu, der hin und her übersetzt. Als klar ist, dass ich eine Kabine für mich benötige, erklärt man mir, dass ich dafür den doppelten Preis zu zahlen habe. Das ist es mir wert, denn immerhin werde ich fünf Tage mit dem Schiff unterwegs sein.
Das Fahrrad kann ich offenbar mitnehmen, aber wird es in die Kabine passen? Ich möchte sie mir ansehen, und Suelen lässt keine Anstrengung aus, um mir dies zu ermöglichen: Da wird mit Verantwortlichen telefoniert, und schließlich schließt sie sogar vorübergehend ihren Schalter, um mich zum Schiff zu begleiten.
Dort zeigt man mir eine Minikajüte mit Etagenbett für zwei Personen und französischem Klo ohne erkennbare Spülung – das geht gar nicht für einen so langen Zeitraum! Meine Ablehnung steht mir offenbar im Gesicht geschrieben, deshalb führt man mich zu einer „Suite“ mit Doppelbett, Toilette, Dusche, Kühlschrank und Aircondition. Eine kurze Prüfung ergibt, dass diese Unterbringung noch buchbar ist – wunderbar! Ob ich jedoch das Fahrrad auf das zweite Oberdeck wuchten kann, weiß ich noch nicht. Da die VISA-Karte nicht akzeptiert wird, muss ich Bargeld besorgen.
Eine Stunde später erhalte ich für 1100,00B$ (das entspricht 270 €) mein Ticket, exklusive Verpflegung.

Sehr zugewandte, unterstützende Suelen Amorim

Sehr zugewandte, unterstützende Suelen Amorim

Das Fahrrad hieven wir mit vereinten Kräften aufs Oberdeck.

Meine "Suite" an Bord

Meine „Suite“ an Bord

Unser Schiff wird mit Orangen beladen

Unser Schiff wird mit Orangen beladen

Abendliches Ablegen in Belém

Abendliches Ablegen in Belém

Hängematten unter Deck

Hängematten unter Deck

Nebenarm des Furo Santa Maria

Nebenarm des Furo Santa Maria

Man braucht einige Stunden mit dem Schiff von Belém zur 48.000 Quadratkilometer großen Insel Marajó – eine Insel mit ursprünglicher Natur und riesigen Wasserbüffelherden in der Inselhälfte, die in der Regenzeit ab Dezember für ein Vierteljahr überschwemmt bleibt.

Hütten auf Ilha de Marajó

Hütten auf Ilha de Marajó

Der Wald reicht auf beiden Seiten des Flusses bis ans Wasser – eine wunderschöne Landschaft.

Oben an Deck lässt es sich im Schatten aushalten

Oben an Deck lässt es sich im Schatten aushalten

Noch ist hier an Deck Platz zum Kartenspielen für Fahrgäste und Crew.

Ricardo

Ricardo

Ricardo ist Brasilianer und spricht Englisch. Die Kleine auf seinem Arm ist mit ihrer Familie an Bord, und inzwischen kennt man sich.

Sonnenuntergang an Bord

Sonnenuntergang an Bord

Leila in ihrer "komfortablen" Hängematte mit Moskitoschutz

Leila in ihrer „komfortablen“ Hängematte mit Moskitoschutz

Leila kommt aus Deutschland und reist allein. Oft sieht man sie mit den Kindern an Bord zu deren Freude irgendwelche Wortspielchen machen.

Eine gute Gelegenheit, den Sattel mal wieder zu fetten

Eine gute Gelegenheit, den Sattel mal wieder zu fetten

Den 2. Kapitän zum Lächeln zu bringen ist eine echte Herausforderung

Den 2. Kapitän zum Lächeln zu bringen ist eine echte Herausforderung

Schiffsglocke an Deck

Schiffsglocke an Deck

Klettern vom Boot auf das Schiff

Klettern vom Boot auf das Schiff

Immer wieder legen kleine Boote mit Waren am Schiff an und vertäuen ihr Boot während voller Fahrt, um ihre Waren anzubieten. Diese Händler verkaufen Mangos, Garnelen, selbst hergestellte Sirup ähnliche Getränke und Anderes.

 

Hüttenbewohner im Kanu

Hüttenbewohner im Kanu

Einige Leute an Bord werfen wasserfeste Tüten mit Kleidung, Süßigkeiten und Ähnlichem ins Wasser, die Anwohner mit ihren Kanus einsammeln.

Kurzes Anlegen

Kurzes Anlegen

Auch wir legen hier für einen Moment an, um Waren aufzunehmen. In den Styroporkisten wird auf Eis gelagerter Fisch transportiert.

 

Leila, Ricardo und rechts von mir Angel beim Biertrinken und gemütlichen Klönen

Leila, Ricardo und rechts von mir Angel beim Biertrinken und gemütlichen Klönen

Hin und wieder sehen wir für einen ganz kurzen Augenblick einzelne Delfine. Sie „spielen“ nicht neben dem Schiff, sondern tauchen sofort wieder ab, sodass ich keinen von ihnen vor die Linse bekomme.

Hütten auf Pfählen

Hütten auf Pfählen

Der Regenwald befindet sich nun weit vom Ufer entfernt – vermutlich aufgrund von  Brandrodung; Brandgeruch liegt immer wieder in der Luft.

Ricardo, Leila und Angel gehen von Bord

Ricardo, Leila und Angel gehen von Bord

In Santarém, 700 Kilometer westlich von Belém, heißt es Abschied nehmen; bei uns vieren herrscht eine gedrückte Stimmung, denn drei verlassen leider nach einer letzten Nacht an Bord, nachdem wir erst spätabends im Hafen ankamen, das Schiff. Wie schade!

Santarém, mit einer guten viertel Millionen Einwohner, liegt etwa in der Mitte zwischen Manaus im Westen und Belém im Osten. Hier mündet der Rio Tapajós in den Amazonas.
Die Menschen leben hauptsächlich von Rinderzucht, Fischfang,  Keramikartikel- und Baumwollhängematten-Produktion. Außerdem handeln sie mit Paranüssen, Pfeffer, Sojabohnen und Jute. Selbst ein wenig Kautschuk wird noch umgeschlagen.

Abwässer werden in Fässern von Bord abtransportiert

Abwässer werden in Fässern von Bord abtransportiert

Weiteres Beladen in Santarém bedingt einen veränderten Tiefgang

Weiteres Beladen in Santarém bedingt einen veränderten Tiefgang

Da ich nicht weiß, wann das Schiff morgens wieder ablegt, traue ich mich nur auf einen kleinen Spaziergang an Land.

 

Hängematten an einstigem Kartenspielplatz

Hängematten an einstigem Kartenspielplatz

Und als ich wieder an Bord komme, sieht der einzige Schattenplatz an Deck vor lauter neu installierten Hängematten kunterbunt aus.
Das Schiff wird richtig voll. Inzwischen hängt selbst in den Gängen alles voller Hängematten, die über- und untereinander angebracht sind – man liegt hier sozusagen auf mehreren Etagen …

Hängematten wohin man blickt

Hängematten wohin man blickt

Aber diese Hängematten haben Eigentümer, und so knüpfe ich neue und sehr nette Kontakte.

Irène kommt aus Spanien

Irène kommt aus Spanien

Beim Abendessen mit Jörg

Beim Abendessen mit Jörg

Jörg ist Fotograf und einer der Hängemattenbesitzer und hat somit keine Möglichkeit, teure Reiseutensilien sicher zu verwahren. Darum bittet er mich, seine Kamera in meiner Kabine aufzubewahren – eine Leica, die er normalerweise an einem Kabel, das er durch seinen Ärmel führt und mehrfach um seinen Körper wickelt, gegen Diebstahl schützt.

Während der Fahrt nach Manaus haben wir viele Gespräche, und Jörgs Erzählungen sind wirklich interessant. So begleitete er vor vier Jahren den Dalai Lama während dessen Deutschlandbesuchs und war tief beeindruckt von dieser Begegnung. Er gab ihm daraufhin das Versprechen, ein Portrait über Tibet zu machen. Aus seinem hunderttägigen Aufenthalt im Hochland in Zentralasien entstand das Buch „Hundert Tage Tibet: Das Versprechen“.

Diesen beeindruckenden Band stellt er bundesweit auf Lesungen und in regionalen TV-Sendern vor (http://natgeopraesentiert.de/events/hundert-tage-tibet/).

In Begleitung von Sepp, der seit einigen Jahren in Brasilien lebt,  ist Jörg nun mit seiner Kamera auf ungewöhnlichen Pfaden in Südamerika unterwegs, und ich bin sicher, eines Tages darüber in einem weiteren Buch lesen zu können.

An Bord mit Sepp und Jörg

An Bord mit Sepp und Jörg

Frachter mit großer Ladung

Frachter mit großer Ladung

So etwas wäre auf keinem unserer Flüsse denkbar: ein Frachter schiebt eine Ladung mit Containern auf Lkw-Hängern auf dem breiten Amazonas.

Mal etwas andere Füße ...

Mal etwas andere Füße …

Am Sonntag legen wir im Hafen von Parintins an. Parintins ist die zweitgrößte Stadt im brasilianischen Bundesstaat Amazonas und auf dem Wasserweg noch 461 Kilometer von Manaus entfernt. Wir sind in einer anderen Zeitzone, und deshalb verpenne ich glatt das Frühstück!

Sonnenbad Montagmorgen um acht mit Ewa aus Polen, Irène aus Spanien und Marine aus Frankreich

Sonnenbad Montagmorgen um acht mit Ewa aus Polen, Irène aus Spanien und Marine aus Frankreich

Fünf Stunden später erreichen wir den Zusammenfluss zweier gigantischer Ströme.

Am Zusammenfluss des Rio Solimões/Amazonas mit dem Rio Negro

Am Zusammenfluss des Rio Solimões/Amazonas mit dem Rio Negro

Ungefähr zehn Kilometer vor Manaus fließen der Rio Solimões, wie der Amazonas bis hierher genannt wird, und der Rio Negro am Encontro das Aguas (Treffen der Wasser) zusammen. Die Farben der beiden Flüsse sind sehr unterschiedlich. Der Rio Solimões mit seiner bräunlich-gelben Färbung aufgrund der vielen mineralischen Schwebstoffe wirkt eher schmutzig. Der Rio Negro hingegen sieht wegen der Säuren, die bei der Zersetzung von Pflanzen entstehen, schwarz aus.

Selbst auf Satellitenbildern soll die farbliche Grenze der beiden Flüsse zu sehen sein, die hier beginnen sich zu vermischen

Selbst auf Satellitenbildern soll die farbliche Grenze der beiden Flüsse zu sehen sein, die hier beginnen sich zu vermischen

Der Amazonas, größter Fluss der Erde, begegnet hier dem zweitgrößten Nebenfluss der Erde. Beide fließen elf Kilometer im selben Flussbett nebeneinander her, bevor sich ihr Wasser vermischt und der Fluss wieder eine einheitliche Farbe aufweist.

Manaus

Manaus

Nach 1713 Kilometern an Bord erreichen wir Manaus, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, die mitten im Dschungel liegt.

Im Hafen von Manaus

Im Hafen von Manaus

Geschafft - das Rad ist von Bord

Geschafft – das Rad ist von Bord

Ich merke meine Oberschenkel wieder, und beim Fahren zum Hostel wird es so arg, dass ich, dort angekommen, kaum die Treppe bewältige. Sepp und Jörg wohnen, ebenso wie die drei Mädels vom Schiff, im selben Hostel und tragen mein Fahrrad hinein.

Am Abend verabreden wir uns zu sechst zu einem Abschiedsessen.

Endlich mal wieder eine leckere Mahlzeit!

Endlich mal wieder eine leckere Mahlzeit!

Da leg ich doch gleich mal selbst Hand an

Da leg ich doch gleich mal selbst Hand an

Eine verführerische Nachspeise rundet das Essen ab

Eine verführerische Nachspeise rundet das Essen ab

Abschiedsfoto mit Sepp, Ewa, mir, Marine, Irène und Jörg

Abschiedsfoto mit Sepp, Ewa, mir, Marine, Irène und Jörg

Es war eine gute gemeinsame Zeit an Bord und hier in Manaus, und so schleicht sich schon ein wenig Wehmut in unseren Abschied ein, als nun  jeder seiner Wege geht.

Nach Belém im Bundesstaat Pará

Ein Motorradfahrer stoppt kurz für ein Foto

Ein Motorradfahrer stoppt kurz für ein Foto

Was für ein Tag! Die ersten 40 Kilometer nach Barra do Itariri laufen trotz des ständigen Auf und Ab gut, bis ich dann nach einer Abbiegung auf einem tiefen Sandweg lande, der für mich nur zeitweise befahrbar ist, sodass nun schwere Schiebekilometer folgen.

Noch befahrbarer Sandweg

Noch befahrbarer Sandweg

In Barra frage ich in einem kleinen Straßencafé nach einer Unterkunft. Der Inhaber ist Eigentümer eines Hauses in den Dünen, wo ich übernachten kann. Mit seinem Motorrad vorausfahrend bringt er mich dorthin, und der Sand wird immer tiefer!

Kein Radfahren mehr möglich

Kein Radfahren mehr möglich

Dort angekommen finde ich zwei Häuser vor, ein Schlafhaus und ein Wohnhaus mit Küche. Der Blick auf den Ozean ist traumhaft, und keine Menschenseele ist hier.

"Mein einsames Haus" in den Dünen

„Mein einsames Haus“ in den Dünen

Ich dusche und fahre beziehungsweise schiebe zurück in den Ort zum Essen; es gibt ein leckeres Reis-Fleischgericht und Salat.
Mittlerweile ist es stockdunkel, und ich finde den Weg zurück zum Haus in den Dünen nur deshalb, weil ich mir markante Stellen gemerkt oder auch einige mit kleinen Stofffetzen markiert und meine Stirnlampe eingeschaltet habe – das kommt einem Abenteuer schon ziemlich nah!

Am nächsten Morgen fahre ich denselben Weg zurück in den Ort.

Mein Stofffetzen am Zaunpfosten markiert den Weg

Mein Stofffetzen am Zaunpfosten markiert den Weg

Nach zehn Kilometern brechen mir gleich zwei Speichen. Eine der Speichen schiebt sich unter den Chainglider und verursacht ein Abspringen der Kette.

Gebrochene Speiche

Gebrochene Speiche

Weitere Speichenbrüche müssen nicht sein, denn die Ersatzteile gehen mir langsam aus.

Itanhi

Itanhi

Waschtag

Waschtag

Die Wäsche wird hier im Fluss stehend gewaschen; warm genug ist es ja.

Ankommen und Bier in Hängematte

Ankommen und Bier in Hängematte

Kurz vor Aracaju fahre ich zum hiesigen Flughafen. Da aber das Fahrrad für einen Flug nach Belém in einen Karton gepackt werden müsste, den ich hier nicht bekomme, mache ich mich auf den Weg in die Stadt zum Busterminal.

Mittags am nächsten Tag steige ich in den Fernbus. Mein Sitzplatz an der Toilette ist heiß und stickig, und je länger wir fahren, desto unerträglicher wird der Gestank!
Mit nur wenigen kurzen Zwischenstopps erreichen wir nach 43 Stunden und 2045 Kilometern endlich Belém.

Belém

Belém

Belém, die Hauptstadt des riesigen Bundesstaates Pará, liegt an der Mündung des Rio Guamá in den Rio Pará und die Bucht von Marajó. Die Stadt zählt inzwischen etwa zwei Millionen Einwohner und ist das Eingangstor zum Amazonasgebiet.

Theatro da Paz

Theatro da Paz

Das Theatro da Paz wurde 1878 zur Zeit des Kautschukbooms, aus der viele der historischen Gebäude der Stadt stammen, erbaut. 2001 renovierte man das Theater, und nun ist es wieder in Betrieb.

Prachtvolles historisches Gebäude

Prachtvolles historisches Gebäude

Mangobäume

Mangobäume

Mangobäume gesäumte Straßen der Innenstadt sorgen für Beléms Beinamen „cidade das mangueiras“ – Stadt der Mangobäume.
Ich beobachte Leute, die sich nach heruntergefallenen Früchten bücken, sie in den Händen drehend begutachten und wenn sie nicht matschig sind, diese mitnehmen.

 

Straßenstände

Straßenstände

Fotogener Gaukler

Fotogener Gaukler

Kirche von 1640 in schlechtem Zustand

Kirche von 1640 in schlechtem Zustand

Der touristische Reiz von Belém hält sich in Grenzen, doch ist die trubelige Altstadt am Hafen interessant.

Am Fischereihafen

Am Fischereihafen

Das ist hier verboten ;-)

Das ist hier verboten 😉

Häuser am Fisch- und Gemüsemarkt

Häuser am Fisch- und Gemüsemarkt

Ein Besuch des Ver-o-Peso  („Schau auf das Gewicht“) , Fisch- und Gemüsemarkt, lohnt sich vor allem frühmorgens, wenn die Boote entladen werden. Auf dem Fischmarkt ist die Vielfalt amazonischer Fischarten zu bewundern, an anderer Stelle sind Kräuterstände mit Naturheilmitteln, denen zum Teil magische Eigenschaften zugeschrieben werden.

Gusseiserne Halle des Ver-o-Peso

Gusseiserne Halle des Ver-o-Peso

Die gusseiserne, einst in England vorgefertigte Halle des Ver-O-Peso-Marktes wurde 1901 erbaut.

Fischhändler in der Markthalle mit einem kapitalen Wels in den Händen

Fischhändler in der Markthalle mit einem kapitalen Wels in den Händen

Schwarzkopfgeier dürfen bei den vielen Abfällen natürlich nicht fehlen

Schwarzkopfgeier dürfen bei den vielen Abfällen natürlich nicht fehlen

Forte do Castelo de Belém

Forte do Castelo de Belém

Eines der Gründungswahrzeichen der Stadt ist das Fort von 1615, welches Belém vor der Invasion schützen sollte. Man hat von hier einen schönen Blick auf den Rio Guamá und den Ver-o-Peso-Markt.

Fischmarkthalle vor Beléms Skyline

Fischmarkthalle vor Beléms Skyline

Catedral da Sé von 1748

Catedral da Sé von 1748

In der Catedral da Sé

In der Catedral da Sé

Leerstehende Gebäude - ein nicht ganz untypisches Bild einer Straße in Belém

Leerstehende Gebäude – ein nicht ganz untypisches Bild einer Straße in Belém

Salvador

In Bom Despacho habe ich eine nur kurze Anfahrt zur Fähre, die mich nach Salvador bringt, und so komme ich früh am Morgen dort an.

Abfahrt vom Fähranleger in Bom Despacho

Abfahrt vom Fähranleger in Bom Despacho

Die Metropole liegt an einer der schönsten Buchten der brasilianischen Atlantikküste, der Bahia de Todos os Santos.

Blick auf Salvador

Blick auf Salvador

Renovierungsbedürftiges Haus in der Unterstadt

Renovierungsbedürftiges Haus in der Unterstadt

Häuserreihe in Unter- und Oberstadt

Häuserreihe in Unter- und Oberstadt

An jeder Ecke sehe ich Polizisten mit Schlagstock, Waffe und Sicherheitsweste! Ich erfahre, dass der letzte zwei Tage dauernde Streik der Militärpolizei im April 2014 zahlreiche Plünderungen, 70 gestohlene Autos und 48 Morde zur Folge hatte! Es wurden Militärtruppen zur Sicherung der Einheimischen und der Touristen eingeflogen, bis die Streikenden endlich das Lohnangebot der Regierung akzeptierten.
Das Aufgebot hat also seine Berechtigung!

 

Denkmal in der Unterstadt

Denkmal in der Unterstadt

Brasiliens drittgrößte Stadt – nach São Paulo und Rio de Janeiro – ist mit ihren gut zweieinhalb Millionen Einwohnern und einem fast vier Millionen Menschen umfassenden Ballungsraum Hauptstadt des Bundesstaates Bahia. Errichtet auf verschiedenen Ebenen einer Bergkette besitzt Salvador eine Ober- und eine Unterstadt, die rund 70 Meter tiefer liegt. Steile Straßen führen ebenso in das historische Zentrum der Oberstadt wie der bequemere Aufzug Lacerda, den ich für 0,30 Real (weniger als 10 Eurocent) verständlicherweise bevorzuge.

Der Schnellaufzug Lacerda

Der Schnellaufzug Lacerda

Der ursprüngliche Aufzug wurde 1869 gebaut und immer weiter entwickelt. Heute gibt es in zwei Türmen vier Aufzüge, in die jeweils 27 Personen passen. Die 72 Meter Höhenunterschied bewältigt der Aufzug in nur 30 Sekunden!

Blick auf Hafen und Unterstadt mit dem Mercado Modelo, in dem sich mehr als 260 kleine Geschäfte befinden sollen

Blick auf Hafen und Unterstadt mit dem Mercado Modelo, in dem sich mehr als 260 kleine Geschäfte befinden sollen

Der Fahrstuhl hält direkt an der Info, und ich erkundige mich gleich nach einer preiswerten Unterkunft.
Es ist schon erstaunlich, wie selten man in diesem riesigen Land jemandem begegnet, der Englisch spricht! Doch irgendwie gelingt es meistens, die gewünschte Auskunft zu bekommen. Und so gerate ich zum Laranjeiras Hostel im Zentrum der historischen Oberstadt – es ist wirklich schön hier, und man kann sich sicher und wohl fühlen.

Blick aus meinem Fenster im Laranjeiras Hostel

Blick aus meinem Fenster im Laranjeiras Hostel

Meine Altstadterkundung beginnt umgehend.

Reich verziertes Kirchenportal

Reich verziertes Kirchenportal

Largo Cruzeiro do São Francisco - Hauptplatz in der Oberstadt

Largo Cruzeiro do São Francisco – Hauptplatz in der Oberstadt

Ingreja e Convento de São Francisco am einen Ende des Platzes

Ingreja e Convento de São Francisco am einen Ende des Platzes

Brunnen vor der Catedral Basílica de São Salvador in der Largo Terreiro de Jesus

Brunnen vor der Catedral Basílica de São Salvador in der Largo Terreiro de Jesus

Largo de Pelourinho

Largo de Pelourinho

Das Altstadtviertel Pelourinho war einst ziemlich heruntergekommen; Drogen und Prostitution machten das Hauptgeschäft aus. Dann wandelte sich das Viertel: Die Renaissancegebäude wurden restauriert, viele Fassaden in Pastelltönen angestrichen, Restaurants und Cafés hielten Einzug. Heute gehört Pelourinho zum UNESCO-Weltkulturerbe; die Probleme von einst verlagerten sich woanders hin.

Im Künstlerviertel

Im Künstlerviertel

Percussionband

Percussionband

In der Largo de Pelourinho gibt es seit einigen Jahren ein Straßenkinderprojekt, in dem 1500 Kinder vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung neben Schule eine warme Mahlzeit erhalten. Auch Angebote für Percussionbands oder Capoeira – ein kämpferischer Tanzsport  – können wahrgenommen werden.

Restauriertes ehemaliges Hospital

Restauriertes ehemaliges Hospital

Franziskanerkirche aus der Kolonialzeit

Franziskanerkirche aus der Kolonialzeit

Die 1686 erbaute Franziskanerkirche beherbergt eine riesige Sammlung von Blaufliesen-Gemälden, die in Portugal hergestellt wurden. Neben Jagd-, Schiffs- und Kriegsleben werden Gemälde des flämischen Malers Otto van Veen wiedergegeben.

Fliesengemälde "Die Frucht der Mühe ist der Ruhm"

Fliesengemälde „Die Frucht der Mühe ist der Ruhm“

"Kapitelsaal" in der Franziskanerkirche

„Kapitelsaal“ in der Franziskanerkirche

Largo de Pelourinho am Abend

Largo de Pelourinho am Abend

Abends suche ich in der Largo de Pelourinho nach einem Lokal, um etwas zu essen, als mich eine Frau in gebrochenem Deutsch anspricht. Sie empfiehlt dieses winzige eigentlich nur von Einheimischen besuchte Lokal, auf dem Foto links zwischen den beiden Straßenlampen. Dort gibt es jeden Tag nur eine Speise, und heute ist das Suppe. Die Frau setzt sich mit mir an den letzten freien von insgesamt nur drei Tischen und bestellt Eintopf für mich, der richtig gut schmeckt.
Sie leistet mir beim Essen Gesellschaft und erzählt, dass sie nach ihrer Scheidung von einem Deutschen zurück nach Brasilien gegangen ist. Nach dem Essen verabschieden wir uns winkend voneinander – was für eine nette Begegnung!

Musik ist allgegenwärtig, hier vor einem Pub

Musik ist allgegenwärtig, hier vor einem Pub

Haare und Bart sind gewachsen, und so beschließe ich, am nächsten Morgen den Besuch eines brasilianischen Barbiers zu wagen …

... um nicht so zu enden ...

… um nicht so zu enden …

Vor meinem Hostel spricht mich ein Typ an, der mich zu meinem gewünschten Ziel bringen will. An einem Halsband hängt eine Karte mit seinem Foto, die eine gewisse Seriosität vortäuschen soll; diese Masche ist hier häufiger zu sehen. Ich werde ihn nicht los, obwohl ich ihm wiederholt sage, dass er kein Geld von mir bekommen wird! Also biete ich ihm an, ein Getränk mit mir zu nehmen, was er mehrfach ablehnt, denn er will Geld. Beim Friseur angekommen schicke ich ihn weg. Später ins Hostel zurückkehrend spendiere ich ihm eine Limonade, die er mitnimmt, als er geht.
In dieser Stadt sind zwingend einige Spielregeln einzuhalten wie keine Kamera oder Geldbörse  zeigen, damit der Aufenthalt ungetrübt bleibt!

Friseurbesuch

Friseurbesuch

Der Friseur stellt sich vor –  Oliver heißt er. Er scheint ein populärer Friseur zu sein, denn zwei Frauen, offenbar auch Friseurinnen,  kommen in den Laden, beobachten sein handwerkliches Vorgehen und machen ebenfalls an meinem Kopf herum.
Eigentlich stylt er Haare mit Perlenschmuck und so, und im Schaufenster befinden sich Dutzende Fotos davon. Wahrscheinlich bin ich da morgen auch zu sehen …

Obwohl ich ziemlich ungeübt in Friseurbesuchen bin, wird schnell klar: Oliver wird da richtig einen von machen!
Ich zeige ihm die gewünschte Länge der Haare und des Bartes, und dann legt er los. Sorgfältig schneidet er mir die Haare,  pinselt mich mit Rasierschaum ein, rasiert mich und kürzt den Bart. Überstehende Augenbrauen rasiert er ab.

Endlich fertig, dachte ich zumindest

Endlich fertig, dachte ich zumindest

Nach dem Schneiden will ich bezahlen, aber er besteht auf Haarewaschen!  Dann föhnt er ein bisschen rum, schmiert sich Gel in die Hände  und geht damit durch meine Haare – unglaublich!

Geschafft!

Geschafft!

Ich sitze hier fast anderthalb Stunden, das gab’s noch nie! Was hätte ich in dieser Zeit alles machen können!
Schließlich bezahle ich für die ganze Prozedur 45 Real, das entspricht 11 Euro und ist okay.

Frisch gestylt geht’s weiter auf Erkundungstour durch die Oberstadt.

Blick auf Dächer in der Unterstadt und Verwaltungsgebäude im Hintergrund

Blick auf Dächer in der Unterstadt und Verwaltungsgebäude im Hintergrund

Historisches Gebäude in der Oberstadt

Historisches Gebäude in der Oberstadt

Viele Altstadtgassen sind zu schmal für Autos

Viele Altstadtgassen sind zu schmal für Autos

Museo da Cidade und Casa Jorge Amado

Museo da Cidade und Casa Jorge Amado

Auch Salvador hat ein Jorge-Amado-Museum, das an den berühmten Schriftsteller erinnert.

Nossa Senhora do Rosário dos Pretos - Kirche für die Nachfahren der früheren Sklaven, also Brasilianer nicht europäischer Abstammung

Nossa Senhora do Rosário dos Pretos – Kirche für die Nachfahren der früheren Sklaven, also Brasilianer nicht europäischer Abstammung

Denkmal Pedro Fernandes Sardinha, erster Bischof Brasiliens

Denkmal Pedro Fernandes Sardinha, erster Bischof Brasiliens

Frauen in typischer Tracht

Frauen in typischer Tracht

Im alten Kopfsteinpflaster sieht man noch hier und da die Gleise der alten Tram

Im alten Kopfsteinpflaster sieht man noch hier und da die Gleise der alten Tram

Die  erste elektrische Tram stammt aus dem Jahr 1897. 36 Jahre später musste die alte Kathedrale einer Wendeschleife für die Tram weichen. Viele Einwohner waren gegen den Abriss, dem Stadtverwaltung und Diözese zugestimmt hatten, und später wurde der Begriff „Verbrechen an der Geschichte Salvadors“ geprägt.
1961 stellte man den Trambetrieb ein.

Das „Gefallene Kreuz“ von Mário Cravo vor dem Platz der alten Kathedrale

Das „Gefallene Kreuz“ von Mário Cravo vor dem Platz der alten Kathedrale

Das Mahnmal „Gefallenes Kreuz“ des Künstlers Mário Cravo soll dem Vergessen der eigenen Geschichte entgegensteuern; es wurde 1999 aufgestellt.

Blick auf Unterstadt und Hafen

Blick auf Unterstadt und Hafen

Gasse mit meinem Hostel

Gasse mit meinem Hostel

Es ist bereits dunkel, als ich wieder einmal nach einem Tag voller Eindrücke zu meiner Unterkunft zurückkehre.