On the road again – von Beijing 北京 durch die Provinz Hebei nach Yingxian

Ich verlasse Beijing auf einer vierspurigen Straße, die eine etwa drei Meter breite Fahrradspur hat! In der Stadt ist diese Spur durch einen Zaun von der Fahrbahn getrennt. Man radelt hier links – wie gewöhnungsbedürftig! Auch sind viele Dreiräder dabei, auf denen oft mehr als die vorgesehenen zwei Personen sitzen. Fast alle dieser Gefährte haben einen Elektromotor, den man nicht hört. Da heißt es aufpassen, wenn sie mich überholen.
In Changping komme ich erstmals zu einem Hotel, in dem nur Chinesen absteigen dürfen, und man schickt mich weiter zu einem noblen Hotel.
Zum Abendessen gehe ich in die Stadt. Ich wähle per Bild aus, denn es gibt keine Speisekarten, die ich lesen könnte. Das Hühnchenfleisch wird in Stäbchen geeigneter Größe serviert, enthält aber leider Knorpel und Knochen;  das ist für mich nicht essbar! Ich bestelle Reis und esse nur den.

In den folgenden Tagen komme ich immer wieder an Kohlenminenfeldern vorbei. Einige Ortschaften sind stark verschmutzt und sehen trostlos aus.

Rad-vor-Kohlehalde

Kohlehalden

Ortsdurchfahrt

Ortsdurchfahrt

Dreirad

Das Dreirad als übliches Transportmittel

Meine erste passähnliche Straße führt mich auf 1250 m und beschert mir eine Abfahrt, bei der ich auf mehr als 50 km/h komme.
80% der Fahrzeuge sind Lkw, und die halten zumeist genügend Abstand zu mir. Meine beiden Rückspiegel erweisen sich als sehr hilfreich.

Am Spätnachmittag erreiche ich Xuanhua, eine Industriestadt mit Kohlekraftwerk, wo ich nacheinander zwei Hotels ansteuere, die aber keine ausländischen Gäste aufnehmen dürfen. Freundlich, wie die Menschen hier sind, telefoniert man, und nur einen Augenblick später werde ich von einer Elektro-Rikscha zu einer geeigneten Unterkunft „eskortiert“. Das Fahrrad steht – wie so oft – in meinem Zimmer.

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Nicht unbedingt ungewöhnliche Unterbringung meines Fahrrads

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Kohlekraftwerk

Mein Gesicht ist schwarz, die Haare muss ich zweimal waschen, es ist alles voller Kohlenstaub. Ich muss zusehen, dass ich mir eine Schutzmaske besorge!

Mit Händen und Füßen reden klappt hier oft gar nicht. Meine Konversation geht zurzeit ausschließlich über Smartphone: Ich spreche etwas auf Deutsch, lasse das Gerät übersetzen und die Chinesen lesen. Wenn sie ihrerseits etwas darauf sprechen, kriege ich keine brauchbare Übersetzung, denn sie reden einfach zu undeutlich und zu viel! Und sie haben einen Heidenspaß daran, Wörter wie bitte und vielen Dank hin und her übersetzen zu lassen. Sie sind höflich und sehr freundlich.

Auf jeden Fall aber sind die Menschen interessiert an mir. Als ich in Huashaoying in dem fünften Laden endlich Wasser zu kaufen bekomme, schließe ich mein Rad ab, um schnell welches zu holen. Ich komme aus dem Laden heraus und sehe, wie so oft, eine kleine Menschentraube um mein Fahrrad herum stehen.
Ein alter Mann sucht das Gespräch und fasst mir in den Bart; er lacht dabei und freut sich offensichtlich. Verstehen tue ich allerdings überhaupt nichts. Möglicherweise erfreut er sich an meinem stärkeren Bartwuchs, denn er hat nur ein paar Stoppeln im Gesicht.

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Pagode nahe Datong

Von Beijing bis Datong sind es etwa 350 Kilometer, und ich passiere auf dieser Strecke drei „kleinere“ Städte – Yanqing,  Xuanhua und Yangyuan – mit je knapp 300.000 Einwohnern.
Datong hat 1,4 Millionen Einwohner und gehört zu den wichtigsten Zentren des Kohlebergbaus in China. Als ich in die Stadt komme, fahre ich eine ganze Weile durch noch unbewohntes Neubaugebiet, das geradezu gespenstisch wirkt.

Neubauten

Noch unbewohnte Neubauten

Am nächsten Tag nehme ich den öffentlichen Bus, einen Doppeldecker, von dessen oberer Etage ich einen fantastischen Blick habe, zu den Yúngāng-Grotten. Die Grotten sind buddhistische Höhlentempel, die hauptsächlich im Zeitraum 460-525 n. Chr. aus dem Sandstein herausgearbeitet wurden – eine herausragende chinesische Steinmetzkunst aus der Frühzeit des chinesischen Buddhismus. Es gibt 252 Grotten und Nischen mit insgesamt über 51.000 Buddhastatuen, und seit 2001 gehört die Anlage zum Weltkulturerbe.

Eingang-Grotten

Vor den Yúngāng-Grotten

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Sandsteinwand mit den Zugängen zu den Grotten

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10.000 Buddha-Höhlen

Seinerzeit wurden in Datong alte Gebäude abgerissen, und in die Altstädte baute man Hochhäuser. Nun erkennt man, was man zerstört hat, reißt die Hochhäuser wieder ab und rekonstruiert die alten Gebäude. Die Stadtumbau der Innenstadt wird  6 Milliarden Euro kosten. Zielgruppe soll die besonders finanzkräftige chinesische Mittelschicht sein. 40.000 ärmere Bewohner müssen die Altstadt verlassen und werden umgesiedelt, denn im neuen alten Zentrum, das man mit einer 2009 bis 2012 errichteten monumentalen Stadtmauer abgrenzt, entstehen nun Luxuswohnungen.

Neue-Stadtmauer-Datong

Bereits rekonstruierte Stadtmauer um das ehemalige Altstadtviertel

Holzpagode

Sakyamuni-Pagode des Fogong-Tempels in Yingxian

1056 wurde die achteckige 67 Meter hohe Pagode ohne einen einzigen Metallnagel ganz aus Holz gebaut. Von außen sieht es so aus, als bestünde die Pagode aus fünf Stockwerken, sie hat jedoch neun Stockwerke. Diese Pagode in Yingxian ist die älteste und höchste noch vollständig erhaltene Holzpagode in China. Aus Sicherheitsgründen ist die Treppe zurzeit verschlossen, und man lässt mich leider nicht nach oben. Die Pagode neigt sich ein wenig und muss erst  restauriert werden.

Kohlestücke-brechen

Eine Frau in Yingxian zerkleinert Kohle zum Mitnehmen nach Hause (unten rechts)

Abends setze ich mich in das Restaurant des Hotels in Yingxian an einen der vielen Tische, auf denen sich Kochplatten befinden. Man holt sich einen Kochtopf, in dem Gewürze sind. Hinzu kommt klares Wasser. Auf einer Art Buffet stehen zahlreiche Zutaten und Getränke. Oje, offenbar muss ich mir hier selbst etwas zubereiten. Eine knusprig anmutende Zutat entpuppt sich als Hühnerfuß, und da mein nächster Versuch mich zu einem Hühnerkopf führt, belasse ich es bei Gemüse und stelle fest, dies ist nicht meine bevorzugte Art des Abendessens! Die Einheimischen  sind jedoch bester Laune bei diesem All-you-can-eat-Essen.

IMG_0235Frühstück

Frühstück an den Tischen mit Kochplatten mit üblicherweise kaltem Kaffee

Man sieht täglich viele Polizeistreifen, die Autos und LKW anhalten und kontrollieren. Mir winken die Polizisten stets freundlich zu oder zeigen mir den aufrechten Daumen; es gibt nie finstere Mienen.
An einer Abzweigung in Jiuguangwu sehe ich einen der so freundlichen chinesischen  Polizisten, den ich frage, wie weit es bis zum nächsten Hotel ist. Es kommt ein zweiter, ein dritter Polizist dazu, aber keiner von ihnen spricht Englisch. Mein iPhone-Übersetzer klappt auch nicht so richtig gut, denn entweder spricht der Mann zu spät oder zu undeutlich oder zu viel …
Einer der Polizisten will unbedingt ein Foto, und er besteht darauf, dass ich ihm den Arm umlege.

Polizist

Dieser Polizist besteht auf einem Foto mit mir.

Ein Gedanke zu „On the road again – von Beijing 北京 durch die Provinz Hebei nach Yingxian

  1. Chris

    Aloha Frank,

    soso Dir sagt das All-You-can-Eat nicht so ganz zu 😉 Ich habe schon mehrfach gehört dass Europäer es nicht so leicht mit Essen in China haben. Ich finds auf jeden Fall klasse wie gut Du in China durchkommst. Ein bischen Sorgen hatte ich mir ja schon gemacht.

    Viele Grüße
    Chris aus München

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