Mutig, da man nie weiß, ob Geplantes auch wirklich so eintritt, organisieren wir ein Ticket von Laos bis zum kambodschanischen Stung Treng, wo Fahrer und Leihwagen auf uns warten.
Und tatsächlich bringt uns das Boot am nächsten Morgen mit nur halbstündiger Verspätung zum Festland. Von dort aus soll es in einem klimatisierten Minivan weitergehen.
Geschlagene zwei Stunden später starten wir endlich, da zwischenzeitlich auch die Fahrgäste von anderen Inseln eingetrudelt sind. In dem Minivan ist es angenehm kühl, aber leider ist nach zehn Kilometern schon wieder Schluss: Gepäck abrödeln, schattigen Platz suchen und auf den nächsten Kleinbus warten, der uns dann hoffentlich bis Stung Treng bringt. Unglücklicherweise müssen wir nach knapp 30 Kilometern an der Grenze alle wieder mit Gepäck aussteigen und unsere Einreiseformulare ausfüllen. Als wir unsere Pässe vorlegen, sagt man uns, dass ein wichtiges Dokument, das wir bei der Einreise erhalten hätten, fehlen würde. Das koste nun zehn Dollar extra, und langsam haben wir die Nase voll, denn dieses Papier haben wir niemals erhalten! Aber wir sind machtlos, denn wenn wir nicht zahlen, bekommen wir das Visum nicht. Und wenn wir uns beschweren, werden wir möglicherweise einem kostenpflichtigen „Gesundheitscheck“ wie Fieber messen unterzogen …
Auf kambodschanischer Seite liegt nun wieder die Straße mit abgefahrener Asphaltdecke vor uns, und wir fahren in einem großen Bus mit etwa 50 Sitzplätzen weiter.
In diesem Bus, in dem die meisten Sitze defekt sind, funktioniert die Lüftung nicht, und eine Klimaanlage hat er nie besessen. Nach einer halben Stunde sind bei den mehr als 40°C herrschenden Temperaturen alle in einen Dämmerschlaf gefallen, denn anders kann man die Fahrt nicht ertragen. Eine willkommene Abwechslung bietet das Aussteigen sämtlicher Fahrgäste, damit das Gefährt ein besonders fettes Schlagloch überwinden kann.
Nach knapp drei Stunden Fahrt kommen wir Stung Treng an und sind froh, unseren Fahrer zu sehen, mit dem wir uns per SMS verabredet haben. Erneut überqueren wir den Mekong mit der Fähre, und da es schon Nachmittag ist, erreichen wir nur Tbaeng Meau Chey, wo wir ein zweites Mal übernachten.
In Siem Reap finden wir am späten Vormittag das Guesthouse aus dem Lonely Planet. Katrin ist nicht fit und beschließt, den restlichen Tag im Bett zu verbringen, während ich die Stadt erkunde.
Siem Reap liegt in der Nähe des Tonle-Sap-Sees, des größten Sees Südostasiens und eines der fischreichsten Binnengewässer der Erde.
In den Jahren der Herrschaft der Roten Khmer wurden auch die Bewohner Siem Reaps zur Zwangsarbeit auf den Feldern verschleppt. Erst nach dem Sieg der vietnamesischen Truppen im Januar 1979 kehrten sie in ihre Stadt zurück, die noch bis zum Beginn der 1990er Jahre das Ziel von Überfällen der in die Wälder der Umgebung vertriebenen Roten Khmer war. Jahrelang mussten die Einwohner das Stadtzentrum mit Barrikaden schützen. Der letzte Überfall durch ein ganzes Bataillon auf die Stadt und die Lager der UNTAC-Friedenstruppen erfolgte 1993.
Am späten Abend steigt Katrins Körpertemperatur auf 39,9°C, und ein grässlicher Husten plagt sie. Neben der Einnahme von Paracetamol versuchen wir mit Wadenwickeln das Fieber zu senken. Nachts wacht sie vor Frieren am ganzen Körper schlotternd auf und wir beschließen, am nächsten Tag einen Arzt aufzusuchen.
Sarath, der aus Siem Reap stammt, bringt uns zu einem niederländischen Arzt, und ein anschließender Laborbesuch ergibt das Verabreichen eines Antibiotikums. Am Folgetag ist sie dann soweit wieder hergestellt, dass wir gemeinsam Angkor Wat besuchen können.
Die ländlichen Gebiete sind teils noch vermint; es wird vermutet, dass in Kambodscha noch mehr als 4 – 6 Millionen Landminen liegen, und es wird noch Jahrzehnte dauern, bis alle Reisfelder wieder genutzt werden können.
Das Gebiet von Angkor, UNESCO-Weltkulturerbe, gilt jedoch als entmint. Es bedarf mehrerer Tage, um alle Bauwerke zu besuchen, aber die Gefahr des „Templed-out-Syndroms“ besteht. Deshalb konzentrieren wir uns auf wesentliche Bauwerke.
Laut Sarath kommen 4,5 Millionen Besucher jährlich. Wir befinden uns in der Regenzeit, und daher ist nicht ganz so viel Trubel. Nachdem wir 20 Dollar Eintrittsgeld entrichtet haben, werden wir fotografiert und erhalten eine Eintrittskarte mit unserem Foto darauf. Ursprünglich sollten die Einheimischen für den Besuch von Angkor ebenfalls bezahlen; sie gingen jedoch verständlicherweise auf die Barrikaden, und das erfolgreich!
Diese gigantische archäologische Anlage wird von Vietnamesen „verwaltet“, die einen guten Draht zur kambodschanischen Regierung haben sollen. Einige Tempel werden mit ausländischer Unterstützung zum Teil rekonstruiert; so sehen wir Hinweise auf indische und japanische Finanzierung. Ob und inwieweit die vietnamesichen Betreiber die Einnahmen reinvestieren, wird uns als Besucher nicht deutlich.
Angkor Thom – „Die Große Hauptstadt“ – wurde ab Ende des 12. Jahrhunderts errichtet. Das Südtor von Angkor Thom ziert ein monumentaler Gesichtsturm.
Die quadratische Anlage hat eine Seitenlänge von etwa drei Kilometern, die vier Seiten weisen in die Haupthimmelsrichtungen. Der Wassergraben ringsum ist 100 Meter breit. Die Stadtmauer aus Laterit ist etwa acht Meter hoch und auf der Innenseite mit einer großzügigen Erdanschüttung versehen.
Es fällt schwer, sich an dieser Stelle eine von rund 100.000 Menschen bewohnte Stadt mit stroh- und ziegelgedeckten Häusern vorzustellen.
Die Pyramide Phimeanakas misst an der Basis 35 mal 28 Meter und ist zwölf Meter hoch. Auf der dritten Stufe stand ein kleines Gebäude auf kreuzförmigem Grundriss mit vier Eingängen nach allen Himmelsrichtungen, von dem nichts erhalten blieb, und erklärt den Namen „Palast der Luft“.
Der Baphuon, ein Mitte des 11. Jahrhunderts zu Ehren des Hindu-Gottes Shiva erbauter monumentaler Tempelberg, gehört zu den wichtigsten Zeugnissen der Angkor-Zeit.
Mit ihren zahlreichen gut erhaltenen Reliefs zählt die Terrasse des Lepra-Königs zu den schönsten Khmer-Kunstwerken.
Der Name der Terrasse leitet sich her von einer angeblichen Darstellung des Königs Yasovarman I. (9. Jhrd.), der die erste Stadt in Angkor errichten ließ, an Lepra erkrankte und starb und im Volksmund Lepra-König hieß.
Eine besondere Stellung unter den Tempelanlagen von Angkor nimmt Ta Prohm wegen des halbverfallenen Zustandes ein. Die Restauratoren und Architekten, die in der Neuzeit begannen, die Tempel zu restaurieren, beschlossen, einen Tempel in dem Zustand zu belassen, in dem sie ihn vorfanden. Die Wahl fiel auf Ta Prohm. Die Vegetation und die herabgefallenen Mauersteine wurden nur so weit entfernt und gesichert, dass es Besuchern möglich ist, die Anlage zu begehen. Besonders eindrucksvoll sind die Würgefeigen und die noch größeren Tetrameles nudiflora, deren Wurzeln ganze Gebäude überwachsen.
Die Samen der Würgefeigen werden von Vögeln gefressen und passieren unbeschädigt den Verdauungstrakt. Wenn sie im Kot der Vögel auf den Ast eines Baumes ausgeschieden werden, keimen die Samen dort. Die Feigenpflanzen wachsen direkt auf dem Ast, doch die Luftwurzeln wachsen zum Boden hinab. Erreichen die Wurzeln den Boden, beginnen die Feigen ein schnelleres Wachstum und bilden von nun an viel mehr Luftwurzeln. Sie umschließen allmählich ihren Wirtsbaum, der schließlich abstirbt, wodurch sich im Inneren der Würgefeige ein Hohlraum bildet.
Das Highlight – Angkor Wat – sparen wir uns bis zum Schluss auf. Man sagt, dieses großartigste Bauwerk der Khmer-Klassik vereinige indische und hinterindische Kultur und die Bauerfahrung von Jahrhunderten zu einem der schönsten Monumente der Welt.
Auf der Höhe seiner Macht ließ Suriyavarman II., einer der bedeutenden Könige der Khmer, das riesige Bauwerk von allen vier Seiten aus beginnen, so dass es, ein Wunderwerk der Planung, von unzähligen Arbeitern, Baumeistern und Bildhauern in weniger als 40 Jahren erbaut wurde und am Ende seines Lebens vollendet war.
Die Anlage bildet ein Rechteck, ist von Osten nach Westen 1500 Meter und von Norden nach Süden 1300 Meter lang. Von Westen her führt der einzige, 220 Meter lange Damm, der mit großen Sandsteinplatten abgedeckt ist, zum prächtigen Haupteingang. Von den Säulen und der Naga-Balustrade des Dammes blieben nur Reste.
Die Türme von Angkor Wat sind beschädigt, lassen aber ihre frühere Eleganz ahnen.
Der Angkor Wat hat eine Gesamthöhe von 65 Metern und erreicht damit etwa die Höhe der Kathedrale von Notre Dame in Paris, die zur gleichen Zeit errichtet wurde.
Neben der großartigen Architektur tragen etwa 600 Meter Reliefs zur Einmaligkeit des Angkors bei. Für eine Szene bedeutsame Personen oder Tiere werden hervorgehoben, indem sie größer dargestellt werden als unwichtige.
Zu Füßen des Betrachters liegt die riesige Anlage – vom tropischen Regenwald bedrängt, der nur durch den riesigen Wassergraben abgehalten scheint.
Mit vielen Eindrücken und völlig erledigt durch die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit beenden wir unseren Angkor-Besuch.