Von Darwin zum Kakadu National Park

Es ist bereits kurz vor elf abends, als ich in Darwin lande. Das Sicherheitspersonal am Flughafen öffnet meinen Fahrradkarton in meinem Beisein, und ich muss die Schutzbleche herausziehen. Auch am Reifenprofil wird überprüft,  ob sich möglicherweise Erde eines anderen Kontinents daran befindet. “That’s okay“, heißt es dann, und man möchte noch wissen, ob ich Holz oder Lebensmittel im Gepäck habe.
Neben mir wird eine Backpackerin aufgefordert, ihre Wanderschuhe  aus dem Rucksack hervorzuholen. Der Kontrolleur nimmt die Schuhe, unter derem groben Profil Erde klebt, verschwindet damit und hält sie offenbar unter einen Wasserstrahl, denn nach einem kurzen Augenblick kehrt er mit den sauberen Schuhen zurück.
Man will unbedingt vermeiden, dass Ungeziefer und Keime ins Land gelangen, und ich bin froh, mein Rad so gründlich gesäubert zu haben.

Mit einem Großraumtaxi, über dessen Rollstuhlrampe ich meinen Fahrradkarton ins Innere wuchte, gelange ich zum Hotel. Wie verabredet liegt der Schlüssel im Safe, dessen Kombination ich per Mail erfahren habe. Ich fische meinen Umschlag aus mehreren anderen heraus; darauf steht die Zimmernummer und “Use lift for bike etc.“ – klasse, dass das so gut klappt, denn es ist bereits kurz vor Mitternacht, als ich endlich ankomme.

Safe im Hotel in Darwin

Safe im Hotel in Darwin

Da es einiges zu organisieren gibt, bleibe ich drei Nächte in der Stadt. Als erstes steht ein Friseurbesuch an, denn ich wachse langsam zu.

Haarschnitt für AUD 30 - Australische Dollar

Haarschnitt für AUD 30 – Australische Dollar

Oha! Das Haarekürzen ist zu Hause deutlich günstiger, und Katrin macht das genauso gut.

An der Greyhound Station löse ich ein Ticket von Pine Creek über Mount Isa nach Townsville – das sind 2280 Kilometer Outback, die ich für AUD 427 mit dem Überlandbus zurücklegen werde. Mein Fahrrad reist für AUD 25, wenn ich das Vorderrad ausbaue, und ich werde glücklicherweise keinen Karton brauchen! Aber bis dahin sind noch acht Tage Zeit.

Zwei Tage verbringe ich in Darwin, Hauptstadt des Northern Territory und auch die nördlichste Großstadt des Landes mit etwa 130.000 Einwohnern.
Die Stadt wurde 1869 gegründet und seitdem dreimal wiederaufgebaut, nachdem sie 1897, 1937 und 1974 durch Zyklone fast vollständig zerstört worden war.

Parlamentsgebäude des Northern Territory

Parlamentsgebäude des Northern Territory

Reste der durch den Zyklon Tracy zerstörten Palmerston Town Hall

Reste der durch den Zyklon Tracy zerstörten Palmerston Town Hall

Tracy war der Zyklon, der Darwin am 24. und 25. Dezember 1974 verwüstete. Der Sturm traf die Stadt mit einer Intensität, welche die Stufe 5 der tropischen Zyklonskala – die höchste Stufe der Skala – erreichte.
71 Menschen und fast dreiviertel der Gebäude von Darwin fielen diesem Sturm zum Opfer. Von den damals 48.000 Einwohnern wurde fast die Hälfte obdachlos. Der überwiegende Teil der Bewohner wurde nach Adelaide, Whyalla, Alice Springs und Sydney evakuiert, aber viele kehrten nicht nach Darwin zurück. Nach dem Sturm wurde die Stadt mit modernen Baumaterialien und Technologien neu aufgebaut.

Browns Mart

Browns Mart

1885 wurde Browns Mart als Warenhaus gebaut, zwölf Jahre später durch einen Zyklon stark beschädigt. 1937 diente es der Bank of South New Wales, ab 1942 dem Militär. Anschließend war es Gericht, Polizeistation und schließlich seit 1972 ein Theater.
Aber wie so viele von Darwins alten steinernen Gebäuden und deren geringen Widerstand gegen starken Sturm litt auch der Brown Mart unter dem Zyklon Tracy;  er wurde zwei Jahre später von Grund auf renoviert.

Christ Church Cathedral

Christ Church Cathedral

Die Christ Church Cathedral wurde durch Tracy bis auf das Portal zerstört; man errichtete um das Portal herum eine neue Kathedrale, deren Architekten dafür den Tracy Memorial Award erhielten.

Darwin Harbour

Darwin Harbour

Tanks & tunnels

Tanks & tunnels

1924 ließ die Regierung neun Tanklager bauen, um der Marine den Wechsel von Kohle zu Öl zu ermöglichen.
Luftangriffe der Japaner zerstörten 1942 fast sämtliche Ölvorräte. Man beschloss, acht unterirdische Ölvorratstunnel zu bauen. Aber Überflutungen, steigende Kosten und technische Schwierigkeiten ermöglichten die Fertigstellung von nur fünf Tunneln, bis der Krieg endete. Sie sind nie für die Ölvorratslagerung verwendet worden.

Molukkenibis

Molukkenibis

Der Molukkenibis wird 65 bis 75 Zentimeter groß und hat eine Flügelspannweite bis 125 Zentimeter. Er ist bis auf einige schwarze Federn an den Flügeln weitgehend weiß. Sein Kopf ist schwarz und federlos.

Lyons Cottage

Lyons Cottage

Lyons Cottage, 1925 als erstes Steinhaus in Darwin erbaut, diente der British Australian Telegraph Company. Heute ist es ein Museum, in dem Aborigines die Stadt in Fotos aus früheren Zeiten zeigen.

Im populären Shenannigans Pub gönne ich mir bei netter Musik ein Bier

Im populären Shenannigans Pub gönne ich mir bei netter Musik ein Bier

Ich verlasse Darwin unerlaubterweise auf dem vierspurigen Stuart Highway, der einzigen Möglichkeit, vernünftig aus der Stadt zu kommen. Dieser Highway ist eine der wichtigsten Fernverkehrsstraßen. Er ist rund 2.700 Kilometer lang und verbindet Port Augusta im Süden mit Alice Springs im nördlichen Outback und Darwin.

Auf dem vierspurigen Stuart Highway Richtung Katherine

Auf dem vierspurigen Stuart Highway Richtung Katherine

Nach knapp 20 Kilometern wechsle ich auf den zweispurigen Arnhem Highway, der den Stuart Highway südöstlich von Darwin mit der Stadt Jabiru im Kakadu National Park verbindet. Und genau dort will ich hin.

Road Train

Road Train

Im australischen Überlandtransport stellen Road Trains die Versorgung entlegener Regionen sicher, denn viele Gebiete sind nicht an das Eisenbahnnetz angebunden und die Entfernungen ziemlich groß.
Diese Fahrzeuge sind mit einer maximalen Länge von 53,5 Meter und einem Fahrzeuggewicht von 132 Tonnen ohne die Zugmaschine, die mindestens 500 PS haben muss, unterwegs. Am letzten Hänger muss ein Warnschild Road Train für den nachfolgenden Verkehr angebracht sein.
Eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h darf offiziell nicht überschritten werden, aber diese Riesenlaster brettern mit bis zu 130 km/h und einem irre langen Bremsweg über den Highway.
Ein Hänger hat sechs Achsen mit je vier Rädern, also 24 Räder pro Anhänger, die dafür verantwortlich sind, dass die Trucker keine Bremsplatten durch Vollbremsungen riskieren.
Begegnen sich zwei Road Trains, muss ich runter von der Straße.

Termitenhügel

Termitenhügel

Termitenhügel, also der oberirdische Teil eines Termitenbaus, können sehr groß werden und mehrere Millionen Termiten beherbergen.

Als ich kurz stoppe, hält ein Polizist an und bittet mich vom Standstreifen runterzugehen, weil ein Haus transportiert wird, das die Straßenbreite einnimmt. Ich staune, denn der Eingangsbereich des Hauses hängt seitlich weit über der Straße. Hinter dem Transporter sichern zwei Fahrzeuge mit gelben Blinklichtern die Straße.

Fertighaus-Transport

Fertighaus-Transport

Schnurgeradeaus, soweit das Auge reicht

Schnurgeradeaus, soweit das Auge reicht

Die Straße geht hauptsächlich schnurgeradeaus. Nach einer Kurve schätze ich die vor mir liegende Strecke auf vier Kilometer; mein Tacho zeigt am Ende fast fünf Kilometer – das ist nicht sonderlich spannend, sondern ziemlich anstrengend! Ich fahre direkt gen Osten, und die Sonne scheint nicht, sie brennt und steht mir ständig im Nacken.

Feuerwarnschilder am Bark Hut Inn, "Everything is burnabull"

Feuerwarnschilder am Bark Hut Inn, „Everything is burnabull“

Cabin Bark Hut Inn mit Klimaanlage und Bad, AUD 110

Cabin Bark Hut Inn mit Klimaanlage und Bad, AUD 110

Die Preise in Australien sind wirklich gepfeffert!

Rustikale Ausstattung im Pub des Bark Hut Inn, mit Krokodilhaut an der Wand

Rustikale Ausstattung im Pub des Bark Hut Inn, mit Krokodilhaut an der Wand

Am Eingang hängt ein zum Nachdenken anregendes Schild der Aborigines

Am Eingang hängt ein zum Nachdenken anregendes Schild der Aborigines

Übersichtskarte Kakadu National Park

Übersichtskarte Kakadu National Park

Diese Karte zeigt meine Route: Darwin, Humpty Doo, Bark Hut Inn, Aurora Kakadu, Mamukala, Jabiru. Das Mary River Roadhouse gibt es nicht mehr, sodass ich versuchen werde, bei dem Ranger in Moline Rockholes zu zelten. Von dort aus geht es dann über bergige 60 Kilometer nach Pine Creek.

Beginn des Kakadu National Parks

Beginn des Kakadu National Parks

170 Kilometer östlich von Darwin liegt der Kakadu National Park, der wegen seiner einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt als einer der schönsten Nationalparks Australiens gilt und in die Liste des UNESCO  Weltnatur- und Weltkulturerbe aufgenommen wurde.
Er erstreckt sich fast 200 Kilometer von Nord nach Süd und über 100 Kilometer von Ost nach West.
Der Park wird jetzt von seinen traditionellen Eigentümern, den Aborigines, und den Mitarbeitern von Parks Australia gemeinschaftlich verwaltet.

Kakadus versteckt im Baum

Kakadus versteckt im Baum

Der Kakadu gehört zu der Vogelfamilie der Papageien. Sein Gefieder ist weniger farbenprächtig als das anderer Papageien; es ist meist weiß, grau oder schwarz.
Sein auffälligstes Merkmal ist die Federhaube, die je nach Erregungszustand flach angelegt oder weit gesträubt ist. Wie alle Papageien verfügt auch der Kakadu über einen sehr kräftigen Schnabel.

South Alligator, die nächste Möglichkeit, mich zu versorgen; dazwischen gibt es nur die Straße

South Alligator, die nächste Möglichkeit, mich zu versorgen; dazwischen gibt es nur die Straße

Als ich ankomme, bin ich erledigt, mache aber trotzdem einen Anderthalb-Stunden-Rundweg zu Fuß von gut dreieinhalb Kilometern.  In der Ferne grollt der Donner, aber das Gewitter zieht an mir vorbei.

Rundweg an der Lodge

Rundweg an der Lodge

Rundweg

Rundweg

Ernstzunehmendes Warnschild

Ernstzunehmendes Warnschild

Hier gibt es Salties – salt water crocodiles – Salzwasser- oder Leistenkrokodile, die bis zu sieben Meter groß werden und auch im Süßwasser leben. Die Warnschilder sind dringend zu beachten, und das Baden sollte man tunlichst vermeiden.
Freshies – fresh water crocodiles – sind etwa zwei Meter lange Süßwasserkrokodile, die weniger angriffslustig sind und meist ungefährlich für den Menschen.
Diese späten Verwandten der Dinos sind nachtaktiv und wandern weite Wege, wenn ihre Wasserstellen austrocknen.
Besonders heiße Tage verbringen sie im Wasser und die kühleren Tage am Ufer mit aufgesperrtem Maul, um durch Verdunstung ihre Temperatur zu senken.
Erbeutet wird alles, was sich bewegt. Die Opfer werden unter Wasser gezerrt und ertränkt. Anschließend wird die Beute zerrissen und in kleinen Stücken verspeist.
Beide Arten sind geschützt und seit dem Jagdverbot von 1971 nicht mehr in ihrer Existenz bedroht.
Ich halte respektvollen Abstand von der Wasserstelle. Ein Steg führt etwa 25 Meter über das Wasser; er hat seitlich einen Zaun, der vor Krokodilen schützt. Ich kriege aber keines zu sehen – schade!

Suchbild Wildschwein

Suchbild Wildschwein

An der Wasserstelle stehen 15 pechschwarze Wildschweine unterschiedlicher Größe, bis sie mich wahrnehmen und das Weite suchen. In Australien wurde das Wildschwein zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführt, um dort unter anderem Schlangen zu bekämpfen. Heute gelten Wildschweine als Plage – sie töten beispielsweise regelmäßig neugeborene Lämmer und gelten daher als landwirtschaftliche Schädlinge.

Am nächsten Tag: Kakadus in einer Pfütze

Am nächsten Tag: Kakadus in einer Pfütze

Feuchtgebiete in Mamukala

Feuchtgebiete in Mamukala

Mein Fahrrad auf einer Trittschalldämmung vor der Vogelwarte

Mein Fahrrad auf einer Trittschalldämmung vor der Vogelwarte

Blick aus der Vogelwarte

Blick aus der Vogelwarte

Die "sechs australischen Jahreszeiten"

Die „sechs australischen Jahreszeiten“

Erweitertes Warnschild vor Krokodilen

Erweitertes Warnschild vor Krokodilen

Aurora Kakadu Lodge in Jabiru

Aurora Kakadu Lodge in Jabiru

Frangipani - Wachsblume

Frangipani – Wachsblume

3 Gedanken zu „Von Darwin zum Kakadu National Park

  1. Chris

    Aloha Frank,

    ja Australien ist schon happig teuer, aber noch bist Du im Hinterland. Glaub mir das wird alles noch viel teuer. Wie gut kannst Du eigentlich die Aussies verstehen?
    Wenn Du irgendwo die gelegenheit hast versuch mal ein Parmer zu essen, bring aber hunger mit.

    Ich drücke Dir echt die Daumen dass Du ein paar Kängurus und vielleicht sogar ein paar Koalas zu sehen bekommst, ich bin mir allerdings nicht ganz sicher ob letztere im Northern Territory zu finden sind. Ein kleiner Tipp: wenn Du einen ganzen Wald abgefressener, kahler Bäume siehst, dann sind sie irgendwo in der Nähe.

    Liebe Grüße nach Oz
    Chris

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  2. Bianca

    Hallo Frank,

    wow, und schwupps, den nächsten Kontinent erreicht! Man mag es kaum glauben. Sehr spannend war die „Lesereise“ über die asiatischen Inseln, das Kulturgut dort ist fast unerschöpflich. Anders wird es jetzt bei den Aussies werden, wo sicherlich Flora und Fauna oft überwiegen werden.

    Wie schön, dass ich mich mit dir in eine andere Welt wegdenken kann, denn meine eigene bröselt grade sehr. Heute werden wir wieder zocken mein Lieber und wie immer an dich denken und nen Wein für dich mittrinken.

    Während wir uns hier langsam in die „Übergangsjacke“ kuscheln, hast du den Sommer vor dir und viele weitere Abenteuer. Bleib gesund und berichte allen Lesern weiter von deinen Erlebnissen.

    Liebe Grüße
    Bianca

    Antworten
  3. Adolf Timmermann

    Hallo, Frank,
    danke für deinen Bericht über den ersten Teil Australiens. Du bist ja erst kurze Zeit dort und hast schon so viel erlebt. Beeindruckt haben mich ja die Krokodile bis zu 7 Meter Länge. Sicher haben die einen guten Appetit.
    Wildschweine haben wir allerdings auch in Celle. Gestern verursachten sie in unserem Landkreis einen Unfall, indem eines dieser Exemplare ein Auto auf die Hörner nahm. Die Geschädigten heißen Jäger und Fuchs. Nachdem die beiden damit durch waren, wurden sie am selben Tag noch einmal von einem Auto beschädigt. Der Polizist empfahl den beiden Unkglücksraben nach Haus zu fahren, sich einzuschließen und nichts mehr zu machen.
    Interessant ist ja auch das Erlebnis mit dem Transport enes Hauses. Das sieht man in Celle auch selten.
    Der Besitzer könnte ja auf diese Weise auch eine Weltreise machen. Der Vorteil. Er hat sein Haus immer dabei.
    Und die „Road trains“: Wenn die sich hier durch dien Innenstadt von Celle schieben müssten. vom Großen Plan in die Kalandgasse und dann rückwärs!.
    Aus deinem letzten Bericht erwähntest du das Thema Sicherheit. Wir sollten uns hier in Celle mal ein Scheibe davon abschneiden. Allein in Wietzenbruch gab es in letzter Zeit mehrere Wohnungseinbrüche und gestern wurden in unserem Vorort von Celle sieben Autos in einer Nacht geknackt. Da lebst du mit deinern Monstern in Australien sicherer. Ihr werdet mit Schildern vor den Gefahren gewarnt.
    Morgen treffen sich die Kollegen der ehemaligen GHS Heese-Süd wieder im Cafe am Großen Plan. Schade, dass du nicht mal eben deine Fahrt unterbrechen kannst, um von deinen Abenteuern zu berichten.
    Vielleicht wirst du eines Tages mal in Celle einen Vortrag im Becikmannsaal anbieten oder im Schloss.
    Vor einger Zeit habe ich mal im Schloss einen Vortrag über eine Reise nach Ostpreußen angehört, der mit Dias angereichert wurde. Das fanden alle Zuhörer prima. Das wäre doch auch was für dich. Aber bis dahin hast du ja noch einige Abenteuer zu bestehen.
    Viel Freude bei den Aussies wünschen dir die Wietzenbrucher Adolf, Leni, Kathrin und Felix

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