Mit dem Fernbus geht es über Nacht ins Zweistromland Mesopotamien zwischen den Flüssen Río Paraná und Río Uruguay. Da es im argentinischen Winter um 18 Uhr dunkel wird und die Sonne erst gegen 7.30 Uhr aufgeht, sehen wir nichts von der Landschaft, denn wir kommen morgens um sieben in dem noch verschlafenen Mercedes an.
Mit dem hinter uns her rollenden Gepäck machen wir uns auf den Weg über unebene Fußsteige in Richtung vermutetes Zentrum des Ortes. Unerwartet finden wir an der zentralen Plaza ein Hotel, in dem wir bereits so früh einchecken können, eine schnelle Dusche nehmen und nach kurzem Genießen des leckeren Frühstücksbuffetts einen Fahrer samt Four-wheel-drive-Fahrzeug mieten, der uns in seinem hart gefederten Pick-up über 120 Kilometer Schotterstrecke zum Reserva Natural Esteros del Iberá bringt.
Im Laufe der Zeit hat der Río Paraná seinen Flusslauf geändert; er verlief einst dort, wo heute das 13.000 Quadratkilometer große Gebiet der Iberá-Sümpfe liegt. Die Sandbänke, natürlichen Staubecken, Sümpfe, Lagunen und Flüsschen, die er zurückgelassen hat, bilden eines der wichtigsten Süßwasserreservoirs des Kontinents. In den Sümpfen leben Kaimane, Wasserschweine, Affen, Stinktiere, Gürteltiere, Sumpfhirsche und viele verschiedene Vogelarten.
Mit einem Boot planen wir die Laguna Ibéra zu erkunden.
(Video 0923 folgt)
Das Capybara oder Wasserschwein ist das größte lebende Nagetier. In Körperbau und seiner teilweise im Wasser stattfindenden Lebensweise – es schwimmt und taucht gewandt – zeigt es Ähnlichkeiten mit den Flusspferden, ist aber eng mit den Meerschweinchen verwandt.
Diese Kaimane gehören zur Familie der Alligatoren und sind in weiten Teilen Südamerikas verbreitet.
Man findet sie in tropischen und subtropischen Gewässern, insbesondere in langsam fließenden Gewässern oder Seen und Teichen mit schlammigem Untergrund und starker Vegetation.
Der Rücken ist dunkeloliv gefärbt, die Bauchseite heller. Die Kaimane werden etwa zwei Meter lang und wiegen 60 Kilogramm.
Sie verlassen das Wasser selten, treiben am Tag an der Oberfläche und werden nachts aktiver. Fische, andere Reptilien, Amphibien und Wasservögel bilden ihre Nahrung. Die Männchen werden ca. 60 Jahre alt!
Nach der Bootstour geht es die 120 Schotterpistenkilometer zurück nach Mercedes.
Die blattlosen Bäume an der Straße erinnern uns daran, dass in Argentinien Winter ist. Im Gegensatz zum gut 700 Kilometer südlichen Buenos Aires ist die Temperatur hier mit 22°C aber bereits etwa 10 Grad höher.
Nach nächtlichen 700 Bus- und 240 Schotterpisten-Pick-up-Kilometern sind wir abends ziemlich gerädert und freuen uns auf ein bequemes Bett.
Am nächsten Morgen setzen wir unsere Fahrt in einem semicama-Bus fort, in dem die Rückenlehnen bequem verstellbar sind.
Nach fast 300 Kilometern erreichen wir Corrientes.
Laut Lonely planet fällt es schwer, Corrientes zu mögen. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz ist mit gut 320.000 Einwohnern groß. Im Stadtzentrum befinden sich trotz einer umfassenden Modernisierung im 20. Jahrhundert nach wie vor einige Gebäude aus der Kolonialzeit.
Wenn die Sonne sinkt, fühlt man sich bei einem Spaziergang am Ufer des Paraná aber doch ganz wohl.
Nun gut, Corrientes könnte man getrost auslassen, aber für uns bietet die Stadt eine gute Unterbrechung unser langen Überlandfahrt, denn für die etwa 400 Kilometer nach San Ignacio braucht der Bus am folgenden Tag fast sechs Stunden.
San Ignacio Miní ist eine ehemalige Jesuitenreduktion, die 1610 gegründet wurde. Die Reduktionen dienten dazu, die einheimischen Guaraní zu missionieren.
Um die zentrale Plaza de Armas wohnten Guaraní -Familien in kleinen Häusern. Hinter der Kirche lagen der Unterrichtssaal, die Speiseräume, Küche, Werkstätten, das Gefängnis und der Friedhof.
Die einst prachtvolle Kirche aus rotem Sandstein war mit Ornamenten mit Blumen, Engeln und Tauben verziert.
In seiner Blütezeit um 1730 beherbergte San Ignacio Miní etwa 4.000 Missionare und Guaraní.
Mit diesen mustergültigen und funktionalen Siedlungen, die sich bis nach Brasilien und Uruguay ausdehnten, wurden die Jesuiten der spanischen Kolonialregierung zu mächtig und man zwang sie, die Reduktionen wieder aufzugeben; damit besiegelte man auch das Schicksal der dort lebenden Guaraní, die in den Urwald zogen, während die Klosteranlage verfiel.
1817 gab der paraguayische Diktator Francia den Befehl, die Mission zu zerstören. Üppige Urwaldvegetation wuchs über die Ruinen. Erst 1897 entdeckte man sie wieder. Teile der Anlage sind mittlerweile restauriert.
1984 wurde San Ignacio Miní von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.