Montevideo, die Hauptstadt Uruguays, liegt am Wasser, das die Einheimischen Meer nennen und ihre argentinischen Nachbarn Fluss, die breite Mündung des Río de la Plata.
Klein und unscheinbar liegt die Stadt mit ihrem etwas morbiden Charme und teils wunderschöner Architektur und mit vielen Kaffeehäusern und Straßencafés neben der großen Schwester Buenos Aires.
Montevideo ist eine Hafenstadt ohne jede Eitelkeit, mit 1,3 Millionen Einwohnern, einer Million Bäumen, verteilt auf eine eher hässliche Front am Meer, auf großzügige Alleen und vielerorts vernachlässigten Straßen.
Montevideo gehört zu den sichersten Städten Lateinamerikas mit einer hohen Lebensqualität und ist das wirtschaftliche, administrative und kulturelle Zentrum des Landes.
Schaut man vom Río de la Plata auf die Stadt, sieht man die Bucht und erahnt ihren einst strategischen Wert. Man sieht den Hafen, lange von Spaniern, Engländern und Portugiesen umkämpft, der heute Hauptumschlagplatz des südamerikanischen Binnenmarktes ist.
Der Winter in Montevideo beschert uns viel Regen und zum Teil kalten Wind, sodass Mütze und Stirnband zum Einsatz gelangen.
Unverzichtbar in diesen Tagen sind Schirme, die zuhauf dem Wind nicht länger trotzen und nun ein trostloses Dasein im Straßenbild fristen … – unser gehört glücklicherweise noch nicht dazu.
Der Templo Inglés liegt ebenfalls an dieser Rambla und ist „zugewuchert“ von hohen Häusern. Das anglikanische Kirchengebäude – Holy Trinity Cathedral – wurde 1844 nach dem Vorbild griechisch-römischer Tempel für das britische Militär gebaut. 1934 wurde die Kirche wegen des Baus der Rambla Sur abgetragen. Die neue Kirche, eine annähernd originalgetreue Replik, lässt zwei kleinen Türme auf der Rückseite vermissen. 1975 wurde der Templo Inglés zum Monumento Histórico Nacional ernannt.
Die Ramblas, die lange Strandpromenade, ist Sauerstoffdepot und Freizeitmöglichkeit der arbeitenden Bevölkerung.
Man sieht die östliche Ausbreitung der Stadt am Ufer entlang, durchsetzt mit ein paar wenigen neuen Hochhäusern.
Aber das Flair der Stadt erahnt man nicht von außen, man muss hinein in die Stadt, hinein in den Markt am Hafen, den Mercado del Puerto, dessen gusseiserne Hallen 1865 in Liverpool gefertigt wurden, als Montevideo eine blühende Einwandererstadt war.
Der Markt an Montevideos Hafen beherbergt eine Reihe kleiner Restaurants. In jedem erhitzt die Glut eines Holzfeuers einen riesigen Grillrost, auf dem alles liegt, was das Rind hergibt. Wir probieren gegrillte Würstchen zu einem Bier, und die schmecken wirklich lecker.
Benachbart zum Mercado del Puerto liegt das Museo del Carnaval.
Dieses kleine Museum mit seinem kopfsteingepfasterten Weg – Karneval findet ja nun mal auf der Straße statt – bietet uns nicht nur Schutz vor einem heftigen Regenguss, sondern gibt uns auch einen kleinen Einblick in das offenbar sehr turbulente Treiben in Montevideo während der Karnevalszeit.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Montevideo das erste Theater in Lateinamerika gebaut, das Teatro Solís; heute ist es das zweitgrößte in Südamerika. Das zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählende Teatro hat zwei Säle. Der größere mit einem Fassungsvermögen von 1500 Zuschauern hat angeblich starke Ähnlichkeit zur Mailänder Scala; er dient Opernaufführungen und regelmäßig stattfindenden Theater- oder Konzertveranstaltungen.
Das historische Viertel Cuidad Vieja ist auf drei Seiten von Wasser umgeben. Mittendrin in der Bartolome Mitre liegt unser einfaches, aber nostalgisches Hotel. Hier haben wir von Colonia aus ein Zimmer reserviert, und einer offenbar alten Frau an der Rezeption gelang es trotz viermaligen Buchstabierens meines Nachnamens nicht, diesen zu notieren, sodass die Reservierung unter „Frank“ läuft – auch gut! Hier spricht niemand Englisch, aber die Begrüßung ist sehr freundlich.
Ein älterer Mann zeigt uns drei verschiedene Zimmer auf unterschiedlichen Etagen – wir dürfen wählen. Die Entscheidung fällt auf ein kleines, mit antiken Möbeln eingerichtetes und mit Holzdielen ausgestattetes Zimmer in der fünften Etage, von dessen Balkon wir die Kathedrale auf der einen und den Río de la Plata auf der anderen Seite sehen.
Die Balkontür ist einfach verglast, und die uralte Heizung läuft nicht. Morgens rinnt Kondenswasser an den Fensterscheiben hinunter, und nur eine heiße Dusche kann uns aus dem Bett mit den drei übereinander liegenden schweren Decken locken, die uns vor der Kälte schützen sollen.
Um diesen Fahrstuhl zu benutzen, öffnet man zuerst eine Flügeltür, dann vorsichtig eine Ziehharmonikatür, um sich die Finger nicht allzu schmerzhaft einzuklemmen. Nach dem Einsteigen sind beide Türen zu schließen, sonst setzt sich der Lift gar nicht erst in Bewegung. Da passiert es schon mal, dass wir die Treppen laufen müssen, weil irgendein Gast das Schließen der Türen nicht gerafft hat.
Zur Dachterrasse gelangen wir über den letzten Teil der schmalen Marmortreppe, und hier oben sieht man, wie die Technik des alten Fahrstuhls funktioniert; das erinnert ein wenig an einen Flaschenzug.
Da wir in unserem Hotel kein Frühstück bekommen, entdecken wir das Café Brasilero einige Blocks entfernt. Dieses Kaffeehaus stammt aus dem Jahr 1877 und vereint Nostalgie und möglicherweise Erinnerungen an prachtvolle Zeiten im Zentrum der Stadt.
Der Zerfall der Altstadt wurde in den neunziger Jahren mit Renovierungskrediten und einer neuen Fußgängerzone gebremst, und das historische Zentrum ist wieder zum viel besuchten Stadtviertel geworden. Europäer und Kanadier kaufen und erhalten alte Gebäude, die sich die Montevideanos nicht mehr leisten können, und tragen damit maßgeblich zum Erhalt des Charmes dieser Stadt am Rió de la Plata bei.
Verlässt man das Palacio und geht nur eben um die Ecke, so gelangt man, wenn man möchte durch die Puerta de la Ciudadela, zur Plaza Independencia.
Diese Plaza von 1836 ist der zentrale und größte Platz Montevideos. Von hier führt in Richtung Osten mit der Avenida 18 de Julio eine der bedeutendsten Straßen der Hauptstadt.
Der Palacio Salvo wurde in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von den italienischstämmigen Salvo-Brüdern gebaut. Bis 1935 war das markante Gebäude im Stil des Art déco das höchste Gebäude Südamerikas.
Der Palacio Salvo gilt als Wahrzeichen Montevideos und gehört zu den Monumentos Histórico Nacional.
In der Mitte der Plaza, die teils mit Palmen bepflanzt ist, befindet sich seit 1924 eine übergroße Reiterstatue des Nationalhelden Artigas; sie ist 17 Meter hoch und 30 Tonnen schwer und liegt direkt über dem schaurigen unterirdischen Mausoleum. Eine gute Gelegenheit für Fans berühmter Verstorbener, noch einen auf ihrer Liste abzuhaken, lassen wir uns ganz bewusst entgehen!
Da es gerade mal nicht regnet, beschließen wir, ein Stück der drei Kilometer langen Avenida 18 de Julio entlangzugehen.
Dieser flache Backsteinbau beherbergt das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten.
Die Avenida 18 de Julio ist eine Straße mit wichtigen und historischen Gebäuden. Der Name erinnert an die Verabschiedung der ersten Verfassung im Rahmen der Unabhängigkeit des Landes am 18. Juli 1830.
Durch die zahlreichen Supermärkte und Geschäfte aller Art, Banken, Restaurants, Galerien und andere Dienstleister bildet die Avenida die Haupteinkaufsstraße der uruguayischen Metropole.
Dieser Brunnen hat natürlich auch seine Legende, nach der ein Paar, das hier ein Schloss mit seinen Initialen befestigt, eines Tages zu diesem Brunnen zurückkommen wird; ausgerechnet heute haben wir kein graviertes Schloss dabei …
McDonald’s darf auch hier nicht fehlen und residiert in historischem Ambiente in der Avenida 18 de Julio ; 1905 wurde das Edificio del London París im Stil des Eklektizismus erbaut – beachtenswert ist der Turm mit dem Schriftzug der beiden europäischen Metropolen.
Links vor dem Palacio steht eine bronzene Replik von Michelangelos David, die 1931 in Florenz gefertigt wurde.
Über die Avenida Santiago de Chile verlassen wir die 18 de Julio mit ihren zum Teil wirklich schönen und gut erhaltenen historischen Bauten.
Die Catedral Metropolitana, auch Iglesia Matriz genannt, ist die größte katholische Kirche im Land, sie liegt an der Plaza Matriz, die eigentlich Plaza Constitución heißt.
Vom Balkon unseres Hotelzimmers können wir beide Türme und die Kuppel sehen.
1740 war die Plaza Matriz der erste öffentliche Platz in Montevideo, hier wurde zuerst eine bescheidene Kirche aus Ziegelstein errichtet. Nachdem diese zerstört wurde, plante man wesentlich größer, und 1790 wurde der Grundstein zur heutigen Kathedrale gelegt.
Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts war die Kathedrale das stadtbildprägende, weil höchste Gebäude der Stadt; geänderte Bauvorschriften ließen sie diesen Status jedoch einbüßen. 1975 ernannte man die Kathedrale zum Monumento Histórico Nacional.
Die Plaza Bruno Mauricio de Zabala, kurz Plaza Zabala, ist mitten in der Ciudad Vieja, der Altstadt. Der Spanier Bruno Mauricio de Zabala war von 1717 bis 1734 Capitán General del Río de la Plata. Er nahm den Kampf gegen die Piraterie und die Konfrontation mit den Portugiesen auf, die sich wieder einmal die Vorherrschaft am Ufer des Río de la Plata sichern wollten. Um die Region vor deren Angriffen zu schützen, errichtete er 1726 eine Festung – der Grundstein für die Gründung Montevideos war gelegt.
Der Platz ist übrigens auch seit 1975 Monumento Histórico Nacional; das sieht ein bisschen nach einem Rundumschlag aus …
Montevideo gilt in den Umländern als internationale Bankenstadt. Glaubt man den Einheimischen, kann man hier so gut wie jede Währung tauschen, auf jeden Fall aber seine Dollarvorräte bei Bedarf aufstocken. Große Banken residieren hier hinter beeindruckenden historischen Mauern.
Unser Aufenthalt in Montevideo geht dem Ende entgegen, und die Fähre nach Buenos Aires ist gebucht. Zum Hafen ist es nicht weit, und wir gehen zu Fuß.
Dieser hochmoderne Katamaran bringt uns in gut zwei Stunden über den Río de la Plata nach Buenos Aires. Benannt wurde er zu Ehren Papst Franziskus‘, der ja aus Argentinien stammt. Dieses ökologisch weit entwickelte Schiff, das derzeit als das schnellste der Welt gilt, wurde 2013 mit Flüssiggas in Betrieb genommen. Es ist einhundert Meter lang, fasst 950 Passagiere und ist 58 Knoten schnell – das entspricht 107 Stundenkilometern!
Bevor wir an Bord gehen, verteilt eine Mitarbeiterin zwei Plastikteile an jeden Passagier. Dass es sich dabei um Spucktüten handelt, nimmt Katrin mir nicht lange ab! Tatsächlich sind es Schuh-Überzieher, die offenbar das Verschmutzen des empfindlichen Teppichbodens an Bord (der bereits angeschmuddelt ist) verhindern sollen.
Diese schöne 10 Pesos Münze ist größer als unser € 2 Stück und aktuell 30 Eurocent wert. Zur Erinnerung muss sie mit!
Hallo, Frank! Danke für deinen Bericht über Montevideo. Das Wetter war wohl nicht so freundlich, die Hotels weiniger einladend und der Zustand einiger Häuser bedenklich. Man müsste wohl ein wenig Hand anlegen. Dennoch ist die Stadt besuchenswert. Da gab es doch einmal einen Film „Das Haus in Monteviedeo“. Nun weiß der Leser, dass es dort mehrere Häuser gibt.
Beeindruckend ist ja das schnelle und schöne Schiff mit den 107 km/h und den Plastilktüten für ….
HIer in Celle geht alles seinen Gang. Langsam geht der Sommer dem Ende entgegen und die ersten farbigen Blätter fallen von den Bäumen. Der Celler Hafen nimmt immer mehr Gestalt an. Das Wetter bestand gestern aus Regen und Sonnenschein am Nachmittag. Am Samstag feierten die Celler Paddler das 83. Kanutenschützenfest am Ufer der Aller – eines der jährlichen Celler kulturellen Highlights.
So, nun wünschen wir dir wieder ein fröhlilches und glückliches Wandern durch Südamerika.
Viele Grüße senden die Distelcamper
Aloha Frank und Katrin,
sieht ja echt danach aus als hättet Ihr Euren Spass gehabt. Besonders schön fand ich das „Frank auf dem Balkon“ Bild und das „Katrin macht den Baum mit Schuhschützern“ 😉
Mal ganz ehrlich wer kommt bitte auf die Idee auf einem großen Passagierschiff Teppich auszulegen?
Viele Grüße aus München
Chris