Die knapp 180 Kilometer von Santiago de Cuba nach Guardalavaca führen durch eine reizvolle Landschaft. Wir sehen an der Straße aufgefädelte Erinnerungen an namhafte Revolutionäre, dem Auge vertraute Pferdefuhrwerke sowie Zuckerrohrplantagen und große Weideflächen.
35 Kilometer vor Guardalavaca liegt Barnes. Auf der Suche nach einer Tankstelle fahren wir durch die ganze Stadt, bevor man uns erklärt, dass wir am Ortseingang bereits daran vorbeigefahren sind. Die einzige Tankstelle liegt abseits der Straße und ist eigentlich nur etwas für Eingeweihte. Erst wird bezahlt, dann getankt, hören wir von einem jungen Mann, der in Barnes lebt.
Ob wir schon eine Unterkunft haben, möchte er wissen, denn schließlich ist Silvester, und da kann es schon mal eng werden. Als wir verneinen, gibt er sich als Vermittler von All-inclusive-Hotels zu erkennen. Das kommt uns gerade recht! Nach einigen Telefonaten fährt er mit seinem Moped und für acht Pesos convertible Benzingeld die hügelige und kurvige Straße vorweg und organisiert uns eine komfortable Unterkunft in Guardalavaca für den Jahreswechsel.
Buchten mit feinsandigen Stränden, Schatten spendenden Palmen, türkis schimmerndem Meer – über diese paradiesische Kulisse an der Nordküste Kubas schwärmte 1492 angeblich schon Kolumbus: „Das ist das schönste Land, das menschliche Augen je gesehen haben.“
Seit 1990 ist Guardalavaca ein Urlaubermekka mit Luxushotels an einem abgelegenen Ort, der sich „Hüte die Kuh“ nennt …
Westlich im Ort liegt das Hotel „Club Amigo Atlantico“, das nach dem Hurrikan Ike 2008 renoviert wurde. Der Pool grenzt unmittelbar an den dreiviertel Kilometer langen, feinsandigen Strand, der auch bei Einheimischen beliebt ist. Für einen wirklich guten Preis checken wir ein, bekommen jeder ein Bändchen ums Handgelenk, das uns berechtigt, zu essen und zu trinken, soviel wir wollen.
Chillen und verwöhnt werden, das ist nach den bisher zurückgelegten Reisekilometern genau das Richtige, wenngleich diese Art des Urlaubs – hier gibt es überwiegend kanadische Pauschaltouristen, die sich kühles Bier für den Strand in überdimensionierte Thermosbehälter füllen lassen – alles andere als unsere ist!
Silvesterabend offeriert man uns ein reichhaltiges Büfett. Wir genießen Hummer zu Weißwein – köstlich!
Der Wein scheint ein guter zu sein, und am nächsten Tag geht es uns blendend.
Ein wahrhaft schönes Fleckchen Erde ist das hier, doch nach zwei Tagen geht es für uns weiter.
Holguín, Kubas drittgrößte Stadt, sehen die meisten Besucher nur aus der Vogelperspektive, denn hier landen die Urlauberjets für die Strände an der Nordküste bei Guardalavaca.
Auch wir halten uns nicht lange auf, da wir die nächsten 750 Kilometer bis Varadero mit Zwischenstopp in Santa Clara zügig zurücklegen wollen.
In der Provinzhauptstadt mit herrlicher Lage in den hügeligen Ausläufern der Escambray-Berge dreht sich alles um Che Guevara.
Santa Clara gilt als Symbol für das Ende der Batista-Diktatur. Am 29. Dezember 1958 ließ Che Guevara hier einen Panzerzug, der zur Verstärkung der Soldaten Batistas geschickt wurde, entgleisen. Waffen und Munition fielen in die Hände der Revolutionäre. Viele der gefangenen Soldaten liefen auf Ches Seite über, und mit Hilfe der eroberten Waffen konnten die Scharmützel in den folgenden Tagen entschieden werden. Fulgencio Batista verließ in der Silvesternacht das Land.
Zu Ehren des kubanischen Lieblingsrevolutionärs wurde 1987, am 20. Todestag seiner Ermordung in Bolivien, am östlichen Stadtrand ein riesiger Platz mit einer überdimensionalen Che-Guevara-Statue angelegt, die Plaza de la Revolución.
Che Guevaras Begräbnisstätte ist Pilgerort für Kubaner und Touristen aus aller Welt, und natürlich statten auch wir ihr einen Besuch ab.
Che Guevara trägt ein Maschinengewehr und weist in Richtung der Sierra Maestra, wo sich die Rebellen lange versteckt hatten. Darunter ist die Losung der Revolution „Hasta la victoria siempre“ ( Bis zum immerwährenden Sieg) zu lesen.
Neben der Che-Guevara-Statue wurden Reliefs mit Szenen aus seinem Leben aufgestellt, die zudem Zitate aus seinen Briefen tragen.
Um in das unter dem Monument gelegene Museum mit angegliedertem Mausoleum zu gelangen, müssen wir Taschen und Kameras deponieren, was strengstens überwacht wird. In dem Mausoleum befinden sich die Gebeine Che Guevaras, die in Bolivien geborgen werden konnten. Das kleine Museum zeigt eine Dokumentation über sein Leben, mehrere seiner an Fidel Castro geschriebenen Briefe und die Geschichte Santa Claras.
Wir lassen Santa Clara hinter uns und fahren weiter in nordwestlicher Richtung; dabei kommen wir durch viele kleinere Ortschaften …
… und gelangen schließlich nach Varadero, wo wir eigentlich zwei Tage verweilen wollen.
Der Strand ist endlos, die Zahl der Hotels allerdings auch! Auf der 20 Kilometer langen Halbinsel Hicacos empfängt Kubas Urlaubsort Nummer eins sonnenhungrige Gäste aus aller Welt.
An der Rezeption eines Hotels begegnen wir „unserem ersten Deutschen“ in Kuba, einem angenervten Flitterwöchler, der nach sechzehn Hotels, die er ergebnislos in stundenlanger Suche abgeklappert hat, nun in dieser überteuerten Anlage absteigen wird. Wir tun es ihm gleich, obwohl es erst unser dritter Versuch, eine Unterkunft zu finden, ist, denn es dämmert bereits und wird bald dunkel sein.
Das Hotel ist sehr schön und natürlich all inclusive, was von den überwiegend russischen Gästen bezüglich des Alkoholkonsums oft mehr als reichlich genutzt wird!
Nachts wachen wir von einem bestialischen Gestank – wie eine Mischung aus heißem Asphalt und Gülle – auf, der Katrin hinunter zur Rezeption treibt. Dort erfährt sie, dass die Ölförderung durch die Chinesen, die unmittelbar vor dieser Urlaubshalbinsel betrieben wird, dafür verantwortlich sei und man selbst es schon gar nicht mehr riechen würde. Die ganze Region stinkt, und es gibt kein Entkommen! Nur der am Morgen einsetzende Regen sorgt für klarere Luft und zusammen mit dem nächtlichen Erlebnis dafür, dass wir diese Gegend früher als geplant verlassen.
Die Temperaturanzeige in unserem chinesischen BYD-Autochen (die Werksübersetzung „Build your dreams“ entspricht allerdings nicht unseren Vorstellungen eines traumhaften Autos) zeigt kühle 25° Celsius, und der Regen hält an.
Da wir das Auto erst übermorgen abgeben müssen, übernachten wir in einem Hotel in Santa María del Mar an den Playas del Este, in dem sich ausschließlich Kubaner befinden.
Playas del Este, die „Badewanne“ der Habaneros, liegt achtzehn Kilometer östlich von Havanna. Dieser neun Kilometer lange Küstenstreifen mit kleinen Badebuchten oder langem Sandstrand unter Palmen ist wohl nicht an allen Stellen paradiesisch, dafür lebt der Strand à la cubana, mehr als jeder andere in Kuba.