Im Westen reiht sich ein Gebirgszug an den anderen. Da wir motorisiert sind, fahren wir auf kleinen, zum Teil sehr steilen Landstraßen mit Haarnadelkurven in die Serra da Estrela. Das „Sterngebirge“ ist der westlichste Teil des sog. Iberischen Scheidegebirges, das sich nach Osten durch Spanien zieht.
Mit 1993 Metern ist die Serra da Estrela Portugals höchstes Gebirge und das mit dem einzigen Skigebiet des Landes.
Die Praia Fluvial de Loriga sind von kleinen Wasserfällen gespeiste Felsenbecken in einem Urstromtal; in den Becken kann man in kristallklarem Wasser baden. Wir entdecken dieses wunderschöne Kleinod der Natur per Zufall, als wir auf dem Weg nach Guarda die steinerne Brücke überqueren.
Guarda liegt auf einer Hochfläche im Nordosten der Serra da Estrela und war einst eine wichtige Festung gegen die feindlichen Spanier. Portugals höchstgelegene Stadt hat ein sehr angenehmes Heilklima und wird auch als Luftkurort aufgesucht.
Die vielen Granithäuser verleihen Guarda an manchen Stellen etwas düsteres Aussehen; bei näherem Hinsehen fallen beispielsweise am Platz an der Kathedrale schön verzierte Bürgerhäuser ins Auge.
Die Kathedrale wurde 1390 angelegt und erst im 16. Jahrhundert vollendet. Mit ihrem geschlossenen Zinnenkranz vermittelt der Granitbau einen geradezu wehrhaften Eindruck.
Das großartige dreischiffige Innere wirkt durch ausgewogene Proportionen und ruhige Linienführung. Die mehr als einhundert Figuren am Retabel stellen Szenen aus dem Leben Jesu dar.
Von den Befestigungsanlagen aus dem 12. und 13. Jahrhundert haben immerhin noch der Bergfried, drei Stadttore sowie Teile der Stadtmauern überlebt.
Auf einer wunderschönen Strecke durch die Berge fahren wir weiter und bleiben im nur etwa 70 Kilometer entfernten Viseu hängen, da uns die Stadt so gut gefällt.
Zur Igreja da Misericórdia an der Praça da Sé in Viseu führt eine breite Treppe hinauf. Die Kirche präsentiert sich in reinem Barockstil mit granitgefassten Fensterrahmungen.
Die romanisch-gotische Kathedrale gegenüber der Igreja da Misericórdia geht auf einen Bau aus dem 12. Jahrhundert zurück. In der zentralen Nische über dem Portal steht die Figur des Stadtpatrons, der Heilige Theotonius. Das Innere der Hallenkirche fotografieren wir nicht, denn es wird gerade ein Gottesdienst gefeiert. Stattdessen sehen wir uns den mit Azulejos geschmückten Kreuzgang an.
Mitten im bekannten Weinanbaugebiet des Rio Dão liegt Viseu. Mit vielen schönen Häusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert mit zum Teil schmiedeeisernen Gittern verziert, engen granitgepflasterten Gassen und lauschigen Winkeln strahlt diese Stadt eine besondere Atmosphäre aus.
2008 wurde Viseu zur Stadt mit der besten Lebensqualität gewählt, und man könnte hier wirklich ein bisschen länger verweilen.
Abends ergattern wir einen Platz in einem Open-Air-Café mit Public-Viewing-Möglichkeit. Klasse, hier kommt das gekühlte Bier mitsamt den leckeren Oliven fast wie von allein auf unseren Tisch. Nebenan sitzen zwei weitere Deutsche; ansonsten versammeln sich nach und nach einige Einheimische, aber wirklich voll wird der Platz nicht. Ein nervenaufreibendes Spiel beginnt: Deutschland spielt gegen Italien mit Verlängerung und Elfmeterschießen. Gut nur, dass wir diesmal so einen tollen Sitzplatz haben! Genau vier Stimmen jubeln bei jedem erfolgreich verwandelten Torschuss unserer Nationalmannschaft und bei den italienischen bleibt es still, sodass wir ohne Rücksicht auf irgendjemandes Befindlichkeiten unsere Freude auch bei Fehlschüssen der gegnerischen Mannschaft zeigen können – wir outen uns!
Die kleineren Gebirgsstraßen zu fahren ist schön. Um jedoch gut voranzukommen nehmen wir bis Lamego die kostenpflichtige Autobahn. Unser hiesiges Ziel ist der Santuário de Nossa Senhora dos Remédios auf dem Monte Santo Estevão.
Von der Hauptstraße in Lamego führt eine eindrucksvolle barocke Freitreppe mit 686 Stufen und 14 Stationskapellen auf den Hügel, auf dem sich die Wallfahrtskirche befindet. Die Kirche wurde im 18. Jahrhundert mit einer doppeltürmigen Hauptfassade errichtet.
In den ersten Tagen des Septembers suchen hier jedes Jahr Tausende Gläubige Trost und Heilung von ihren Gebrechen.
Auf der Terrasse unterhalb der Kirche sind die Statuen von mehreren Königen und Figuren aus der Bibel versammelt, und aus der Mitte einer großen Wasserschale erhebt sich ein 22 Meter hoher Obelisk, verziert und gestützt von mythischen Atlanten.
Der Blick von hier oben reicht weit über Lamego hinaus in die fruchtbare Umgebung.
Die Capela São Pedro de Balsemão erreichen wir nach etwa drei Kilometern auf abenteuerlich schmalen Gassen mit Gegenverkehr, die ein Zurücksetzen eines der sich gegenüberstehenden Fahrzeuge erfordert: uns erwischt es zweimal an extrem engen, steilen Teilstücken.
Im Tal des Rio Balsemão steht die sehr kleine dreischiffige Hallenkirche aus dem 7. Jahrhundert, möglicherweise auch aus dem 6. Jahrhundert, und vermutlich die älteste Portugals.
Einige Elemente scheinen aus einem römischen Heiligtum, das sich in unmittelbarer Nähe befunden haben muss, übernommen worden zu sein.
1643 wurde die Kirche restauriert und mit einer Kassettendecke versehen. Im eindrucksvollen Innern sind schöne Kapitelle, Hufeisenbögen und Steinritzungen an den Wänden zu sehen.
Durch die Weinberge fahren wir die halsbrecherische Strecke bis Lamego zurück und kommen nach weiteren 40 Kilometern in das Dorf Mateus nahe Vila Real. Die Casa de Mateus, der barocke Landsitz der Grafen von Mangualde von 1745, ist nach wie vor von der Familie bewohnt, aber wir können das Anwesen besuchen. Der parkähnliche Garten beschäftigt mindestens einen Gärtner dauerhaft!
Hier werden Weine gekeltert, und wir nehmen einen sehr leckeren roten Port auf unsere Weiterreise nach Amarante mit.
Mitten im alten Ortszentrum von Amarante überspannt die massive Ponte de São Gonçalo, eine dreibogige Granitbrücke, den Rio Tâmega. Sie wurde 1790 anstelle eines älteren Flussübergangs erbaut.
Der aus dem 16. Jahrhundert stammende Convento de São Gonçalo auf der rechten Seite der Brücke wird von seiner Klosterkirche mit einer mächtigen Vierungskuppel überragt.
In der Stadt wird an diesem Wochenende gefeiert, und Musikgruppen ziehen durch die Straßen.