Suomi, wie die Finnen ihre Heimat nennen, übt als „Land der tausend Seen“ eine besondere Faszination aus.
Zahlreiche Hafenstädte ziehen sich am Bottnischen Küstensaum, der Westgrenze des Landes, entlang, und ich verlasse in Vaasa die Fähre. Vaasa ist die wärmste Stadt Finnlands; das Thermometer steigt zuweilen bis auf 25 Grad.
Verheerende Brände machten 1852 einen Neubau der Stadt notwendig, der recht nüchtern ausfiel. Heute prägen diese von fruchtbarem Ackerboden umgebende Stadt zahlreiche Korn- und Heuspeicher.
In keiner anderen Stadt Finnlands sprechen so viele Bewohner Schwedisch wie in dieser, die 1606 gegründet und nach dem schwedischen Königsgeschlecht Wasa benannt wurde. Nach der Unabhängigkeitserklärung 1917 wurde Vaasa für zehn Wochen Landeshauptstadt, bis am Ende des Bürgerkriegs Helsinki wiedererobert wurde.
Es ist Mittagszeit, und ich fahre von Vaasa Richtung Osten nach Jyväskylä. Die knapp 140.000 Einwohner zählende Stadt liegt sehr schön am Ufer des Jyväsjärvi.
Das Zentrum zwischen dem See und dem Höhenzug Harju mit seinen rechtwinklig angeordneten, zum Teil sehr steilen Straßen weist ein Nebeneinander von Holzhäusern und modern gestalteten mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäusern auf, was charakteristisch für Jyväskylä ist.
Das Toivolan Old Courtyard, ein Stadtviertel vom Ende des 19. Jahrhunderts, ist frei zugänglich. Neben kleinen Cafés, Handwerk und Museum kann man hier auch Kurse und Workshops besuchen. Während meines Besuchs ist allerdings nicht viel los; die historischen Holzhäuser sind jedoch schön anzusehen.
Durch den Stadtpark begebe ich mich auf den bewaldeten Höhenzug Harju zum Aussichtsturm Vesilinna, von dem aus ich einen schönen Blick auf die Stadt und den See habe.
Die Universität im 1837 vom russischen Zaren Nikolai I. gegründeten Jyväskylä liegt direkt am Wald und hat vor allem in der Fachrichtung Architektur große Bedeutung. Der berühmte Architekt Alvar Aaltos verbrachte seine Jugend in Jyväskylä und prägte die Stadt mit besonders vielen, in der Regel futuristisch wirkenden Gebäuden.
(Im Bremer Stadtteil Vahr wurde 1959 bis 1961 das 65 Meter hohe Aalto-Hochhaus, über dessen ästhetischen Wert man sich trotz des Denkmalschutzes trefflich streiten kann, nach seinen Plänen errichtet.)
Oha! Die Sonne scheint zwar, aber die Temperatur reizt mich nicht gerade ein Bad zu nehmen. Das scheint aber bei manchen Einheimischen anders zu sein.
Im äußersten Osten Finnlands erstreckt sich entlang der russischen Grenze die Landschaft Karelien, in derem nördlichen Teil ich mich inzwischen befinde.
Das einzige orthodoxe Männerkloster in Finnland ist Uusi Valamon, übersetzt „Neu-Valamo“. Hier fanden die orthodoxen Mönche eine neue Heimat, nachdem sie 1940, als die Russen in jenes Gebiet vorrückten, ihr altes Kloster auf der heute russischen Insel Walaam (Finnisch Valamon) im Ladogasee verlassen mussten. Sie retteten Ikonen, wertvolles Kirchengerät und Bücher der Klosterbibliothek aus dem 15. Jahrhundert.
Uusi Valamon mit seiner 1976 geweihten Kirche gilt als das größte russisch-orthodoxe Kloster außerhalb Russlands. Erst 1977 stellte das Kloster von der russischen auf die finnische Sprache um.
Lange Zeit lebten nur noch wenige Mönche in dem Kloster, dem schon die Schließung drohte. Doch geschäftstüchtige Mönche haben inzwischen ihr Kloster zu einem Glaubenszentrum für jedermann ausgebaut: Hotel, Tagungszentrum und Restaurant gehören nunmehr dazu.
Am frühen Nachmittag verlasse ich die Klosteranlage und fahre weiter gen Osten.
Zwischen dem finnischen Dörfchen Värtsila und der russischen Stadt gleichen Namens liegt die Grenze. In Värtsila ist das einzige Hotel voll – Mist! Freundlicherweise erkundigt sich die Frau an der Rezeption telefonisch bei einer einfachen Unterkunft nach einer Übernachtungsmöglichkeit für mich, und es klappt! Nach etwa vier Kilometern erreiche ich in Nirala ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude, in dem man mich jedoch überaus freundlich aufnimmt.
Extra für mich wird sogar die Sauna am See aufgeheizt. Ich mache drei Saunagänge und lege zwischendurch Holzscheite in den Ofen, damit die Temperatur konstant hoch bleibt. Zum Abkühlen nutze ich den See hinter der Sauna als Tauchbecken.
Und anschließend werde ich auch noch zum Essen eingeladen und mit reichlich Wein verwöhnt … – eine unglaubliche Gastfreundschaft!