Die gut 700 Kilometer von St. Petersburg nach Moskau lege ich mit Zwischenstopp in Valday binnen zwei Tagen zurück. Die Tankstellengelände in Russland sind speziell; bei meiner ersten Begegnung lande ich mit dem Vorderrad in einer vermeintlichen Pfütze, die sich als etwa 20 Zentimeter tiefes Loch herausstellt und mich zum Sturz bringt. Der Schalthebel ist stark verbogen, lässt sich aber noch nutzen; ich werde ihn später zuhause austauschen müssen.
Für heute reicht’s erst einmal! Ich suche mir ein Hotel in Valday. Vor einer geschlossenen Bahnschranke spricht mich eine Autofahrerin durch’s geöffnete Fenster an. Sie erfasst die Situation und organisiert mir per booking.com ein Hotel. Nachdem die offenbar dauerhaft gesperrte Schranke durch die Feuerwehr, die gerade Stumschäden beseitigt, geöffnet wird, fahren wir über die Gleise. Die Autofahrerin bringt mich noch zu dem Hotel und klärt meinen Aufenthalt – super!
Am nächsten Tag erreiche ich Moskau ohne Navigation, da das Gerät nicht arbeitet – Mist! Ich muss zahlreiche Passanten nach dem Weg fragen, und schließlich finde ich das vorher gebuchte Hotel, das fußläufig zum Roten Platz liegt, einem der bekanntesten Plätze der Welt. Leider ist dieser wegen einer vorzubereitenden Veranstaltung gesperrt, sodass ich nur außen herum laufen kann – schade!
Das Staatliche Historische Museum von 1883 befindet sich an der Nordwestseite des Roten Platzes. Es gilt heute als das größte Museum der Geschichte Russlands.
Der 70 mal 330 Meter große Rote Platz im Zentrum der historischen Moskauer Altstadt grenzt an die östlichen Mauern des Kremls und gehört seit 1990 mit der Basilius-Kathedrale, dem Lenin-Mausoleum und dem Warenhaus GUM als Wahrzeichen der Stadt zum UNESCO-Welterbe.
Die Basilius-Kathedrale hat neun Hauptkuppeln, die sich alle voneinander unterscheiden; die höchste misst 115 Meter. Die Kathedrale selbst war ursprünglich weiß und alle Kuppeln waren Blattgold beschichtet. Heute sieht man die einfachen roten, nicht bemalten Backsteine.
Die Kathedrale besteht aus neun einzelnen Kirchen, von denen einige jeweils nur für ein bestimmtes Mitglied der Zarenfamilie bestimmt waren.
Es gibt zwei Haupteingänge: einen zum Roten Platz und einen weiteren zur Moskwa. Die Kathedrale dient als Museum, aber seit 1991 die Sowjetunion aufgelöst wurde, finden von Zeit zu Zeit auch wieder Gottesdienste statt.
Das zuletzt am Roten Platz errichtete Bauwerk ist das Lenin-Mausoleum. Der 1924 verstorbene Revolutionsführer ist dort beigesetzt.
Das ehemalige Warenhaus GUM ist heute ein Einkaufszentrum mit einer Fläche von rund 75.000 Quadratmetern! Errichtet wurde es 1893, und das 250 Meter lange und 88 Meter breite dreigeschossige Gebäude war lange das größte Warenhaus Europas. Etwa 30.000 Besucher am Tag zählt das Haus. Das GUM-Gebäude ist Eigentum der Stadt Moskau.
Mit 81 Metern ist der Glockenturm Iwan der Große von 1508 das höchste Gebäude im Kreml. Der Turm dient mit seinen 22 unterschiedlichen Glocken für alle Kathedralen des Kremls als Glockenturm, da die anderen keine Glockenstühle haben.
Vor dem Glockenturm steht auf einem extra gefertigten Sockel die Zarenglocke; sie ist 6,14 Meter hoch und schlug kein einziges Mal. Die fast fertiggestellte Riesenglocke wurde 1737 während eines Großbrands im Kreml vom Feuer erfasst und zersprang, als man auf das stark erhitzte Metall kaltes Löschwasser gab – ein großes Stück spaltete sich ab, sodass die Glocke nicht mehr zum Läuten zu gebrauchen war.
Die älteste Kathedrale des Kremls ist die Uspenski-Kathedrale, deren Bau 1475 begann. Üblicherweise fanden hier Zeremonien im Rahmen der Krönungsfeiern der Zaren statt.
Zu Zeiten der Sowjetunion wurde die Kathedrale für Gottesdienste geschlossen und war bis 1955, wie im übrigen der gesamte Kreml, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Anschließend wurde die Kathedrale als Museum wiedereröffnet. Heute finden auch hier an besonderen Tagen wieder Gottesdienste statt.
Die an ihren Fassaden weiß verkleidete Mariä-Verkündigungs-Kathedrale entstand im 15. Jahrhundert und hat nach zahlreichen Umbauten heute neun Zwiebeltürme.
In der Erzengel-Michael-Kathedrale liegen fast alle russischen Zaren vor Peter dem Großen begraben.
An der Mündung des kleinen Flusses Jausa in die Moskwa wurde 1938 der Bau des repräsentativen Wohnhauses begonnen. Aufgrund des Zweiten Weltkrieges wurde er aber unterbrochen und das Gebäude erst von 1948 bis 1952 weitergebaut und fertiggestellt. Das exklusive Wohnen in einer der 700 Wohnungen war besonders verdienten Bürgern vorbehalten.
Ich verlasse Moskau Richtung Smolensk, wo ich die Grenze nach Weißrussland passieren möchte. Daraus wird aber nichts, da es an dem Grenzübergang keinen Ausreisestempel gibt. Deshalb muss ich einen etwa 500 Kilometer langen Umweg über Bryansk nehmen. Nicht nur der Umweg ist ein Riesenärgernis, sondern ein Platten am Hinterrad; offenbar bin ich kurz vor Bryansk über ein scharfen Gegenstand gefahren. Ich baue das Hinterrad an einer Bushaltestelle aus. Ein junger Russe hält an, wir verständigen uns mit Händen und Füßen, und er fährt mich zu einem Reifenhändler, der aber den Reifen nicht flicken kann. Nach zahlreichen Telefonaten, die der junge Mann für mich führt, findet er jemanden, der in einer kleinen Werkstatt den Platten mit einem großen Flicken abdichtet.
Freundlicherweise wartet der nette Autofahrer und bringt mich dann zurück. Insgesamt sind drei Stunden vergangen, bis wir nach all dem Hin und Her wieder am Motorrad anlangen. Er hilft mir noch beim Einbau des Hinterrades, lehnt aber die Rubel, die ich ihm zum Dank geben möchte, ab. Und nach Wegbeschreibung und einem Selfie verabschieden wir uns.
Von Bryansk geht es weiter zur weißrussischen Grenze, an der ich hoffentlich meinen Ausreisestempel aus Russland und Einreisestempel für Weißrussland bekomme, sodass ein späteres Verlassen des Landes keine Schwierigkeiten mit sich bringt.