Kapstadt

Zehn Tage bleiben bis zur geplanten Transafrika-Tour, und Katrin kommt nach Kapstadt. Nach zwei wetterbedingt gecancelten Flügen landet sie mit 15-stündiger Verspätung.

Am nächsten Tag bringe ich das Motorrad zum bereits in Deutschland vereinbarten Werkstatttermin – Inspektion und neue Reifen. Unterdessen erkundigen wir das Upper City Centre zu Fuß, so gut es halt mit meinem lädierten Knie schon geht.

Parlamentsgebäude

Parlamentsgebäude

Das südafrikanische Parlament besteht aus einer ganzen Reihe miteinander verbundener Gebäude mit einem Labyrinth aus Korridoren, Hunderten von Büros und Konferenzräumen. Viele stammen aus der Reformphase des Apartheidregimes in den 1980er Jahren, als im Interesse der Rassentrennung drei verschiedene Verwaltungsabteilungen mit nach Rassen getrennter Zuständigkeit eingerichtet wurden. Hier wurden mehr als 70 Jahre lang repressive Gesetze verabschiedet, darunter auch die Apartheidsgesetze. Und hier fand 1966 Hendrik Verwoerd, geistiger Vater der Apartheid, sein gewaltsames Ende; nicht aus der Hand eines politischen Gegners, sondern durch die Messerstiche eines Parlamentsboten, der nach den südafrikanischen Rassegesetzen als Mischling galt.

Erinnerung an die Zeit der Apartheid

Erinnerung an die Zeit der Apartheid

Vor vier Jahren wurde diese rekonstruierte Bank vor dem Gerichtsgebäude aufgestellt; sie erinnern an die „Rassenklassifizierung“ des Apartheidsregimes.

Das Tuynhuys von 1674, Amtssitz des südafrikanischen Präsidenten

Das Tuynhuys von 1674, Amtssitz des südafrikanischen Präsidenten

Am 18. März 1992 verkündet Präsident Frederik Willem de Klerk im Tuynhuys das Ende der Apartheid.

Company's Garden

Company’s Garden

Die Government Avenue verläuft zwischen Parlamentsgebäude und Company’s Garden. Diese Gärten wurden 1652 angelegt, um die zwischen den Niederlanden und dem Osten verkehrenden Segelschiffe der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie mit frischem Gemüse zu versorgen.

Zimtfarbendes Eichhörnchen

Zimtfarbendes Eichhörnchen

Die Eichhörnchen sind zutraulich und geradezu neugierig, da sie gern mit Erdnüssen angelockt und gefüttert werden.

National Gallery mit Smuts-Denkmal

National Gallery mit Smuts-Denkmal

Im Hintergrund der National Gallery erhebt sich majestätisch der Tafelberg, der heute von einer Tischdecke von Wolken verhüllt ist.
Jan Christian Smuts war bis 1948 Premierminister der Südafrikanischen Union.

Wildgans ohne große Scheu

Wildgans ohne große Scheu

Altes Rathaus

Altes Rathaus

Der Baubeginn des alten Rathauses von 1905 war bereits 1890, doch durch den Baustoffimport aus Großbritannien verzögerte sich die Fertigstellung.
Bis 1979 wurde das Gebäude als Rathaus genutzt. Seine Mamorfassade und der 61 Meter hohe Turm, in dem bis 1970  – in Afrikas größtem Glockenspiel – 39 Glocken ertönten, sind beeindruckend. Das alte Rathaus im edwardianischen Baustil gehört zu den Wahrzeichen Kapstadts.

Lebensgroße Mandela-Figur auf dem Balkon des Rathauses

Lebensgroße Mandela-Figur auf dem Balkon des Rathauses

Gegenüber dem alten Rathaus befindet sich die Grand Parade, eine weitläufige Freifläche, auf der mittwochs und samstags Markt abgehalten wird.
Die Grand Parade stand am 11. Februar 1990 weltweit im Zentrum politischen Geschehens, als sich hier 100.000 Menschen versammelten, um die erste öffentliche Ansprache Nelson Mandelas zu hören, die er nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis auf dem Balkon des Rathauses hielt.

Befreit vom Staub Namibias, inspiziert und neu bereift ist die BMW nun gut vorbereitet für die große Transafrika-Tour

Befreit vom Staub Namibias, inspiziert und neu bereift ist die BMW nun gut vorbereitet für die große Transafrika-Tour

Hab und Gut von Obdachlosen

Hab und Gut von Obdachlosen

Sie ist nicht zu übersehen – Armut ist ein Teil des Alltags in Südafrika. Das liegt einerseits an den Ungerechtigkeiten der Vergangenheit, andererseits auch daran, dass es zu wenig Jobs gibt. Die Arbeitslosenquote liegt offiziell bei rund 30 Prozent, aber in den Townships, den einst eingerichteten Wohnsiedlungen für die schwarze, farbige oder indische Bevölkerung, weiß gefühlt jeder zweite nicht, wovon er die Familie am nächsten Tag ernähren soll.
Bettler in den Straßen, von denen wir vielfach angesprochen werden, versorgt man besser mit Essbarem als mit Münzen, um Drogenkonsum keinen Vorschub zu leisten. Und so haben wir immer abgepackte Kekse im Rucksack, die haltbar sind.

Mit einem Bus fahren wir auf die andere Seite des Tafelbergs hinunter zum Atlantik.

Camps Bay

Camps Bay

Mit seiner Palmenpromenade, dem weißen Sandstrand und den im Hintergrund sichtbaren majestätischen Zwölf Aposteln des Tafelbergs, der sich gerade mal wieder von Wolken verhüllt zeigt, wurde Camps Bay schnell ein beliebtestes Urlaubsziel der Region.

Bucht in Clifton

Bucht in Clifton

Green Point Lighthouse

Green Point Lighthouse

Das Green Point Lighthouse am Mouille Point von 1824 war der erste feste Leuchtturm an der südafrikanischen Küste; er ist immer noch betriebstüchtig.

An das Lower City Centre anschließend befindet sich die Victoria and Alfred Waterfront, wo wir aussteigen. Dies ist die ursprüngliche Hafenanlage Kapstadts, heute dominiert von einem gigantischen Einkaufszentrum sowie den meisten angesagten Kneipen und Restaurants. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf den Tafelberg – wenn er denn in seiner ganzen Schönheit zu sehen ist.

Der Tafelberg verhüllt sich wieder mal in seine "Tischdecke"

Der Tafelberg verhüllt sich wieder mal in seine „Tischdecke“

V&A Waterfront

V&A Waterfront

Bobotie

Bobotie

Wir erkundigen uns, wo es Bobotie gibt und entdecken ein kleines Restaurant mit Blick aufs Wasser.
Bobotie ist ein traditionelles Hackfleischgericht, das ursprünglich von malaysischen Zuwanderern stammt. Das gewürzte Hackfleisch wird, überbacken mit einer Milchkruste, auf Safranreis mit Rosinen serviert. Wie bei einem Curry gibt‘s meistens ein Chutney dazu. Außerdem reicht man uns einen gekühlten Pinotage, was vielleicht bei der hohen Außentemperatur nicht gerade das geeignete Getränk ist, aber ausgesprochen gut mundet.

Am Noble Square

Am Noble Square

Ein schöner Platz im V&A-Waterfront-Viertel ist der Nobel Square. Hier stehen Skulpturen der vier Nobelpreisträger des Landes, Albert John Luthuli, Desmond Tutu, Frederik Willem de Klerk und Nelson Mandela. Die drei Letztgenannten und Luthulis Tochter nahmen 2005 an der Eröffnung teil.
Im Rücken der Skulpturen ist der Tafelberg sichtbar ist; im Boden vor ihnen lesen wir eingravierte Zitate.

Mit dem Bus setzen wir unsere Stadtrundtour fort, zurück zum Upper City Centre.

District Six Museum

District Six Museum

Der District Six war ein ärmliches, aber lebhaftes Viertel mit überwiegend „farbigen“ Einwohnern. Mit seiner multikulturellen Vielfalt in den schmalen Gassen galt der Bezirk als die Seele Kapstadts. Das bunte Treiben inspirierte Dichter, Schriftsteller und Jazzmusiker.
1966 erklärten Apartheidsideologen den District Six zur „White Group Area“ ; sie ließen die Menschen in Townships umsiedeln und Bulldozer anrollen, die immerhin 15 Jahre brauchten, um das Viertel aus dem Stadtbild zu entfernen. Nur die Moscheen und Kirchen blieben stehen.
Das District Six Museum ist in der ehemaligen Central Methodist Church untergebracht, wo die Opfer der Zwangsräumung bis in die 1980er Jahre hinein Unterstützung fanden, und die ein Treffpunkt für Apartheidsgegner wurde.

St. George Cathedrale

St. George Cathedrale

Was die St. George Cathedrale berühmt macht, ist nicht etwa ihr neugotischer Baustil, sondern vielmehr der Erzbischof Desmond Tutu.
Er war nicht nur Friedensnobelpreisträger, sondern auch Vorsitzender der Wahrheitskommission, die die Verbrechen des Apartheidsregimes aufarbeitete.
Am 7. September 1986 hämmerte er in einer symbolischen Geste an die Pforte der Kathedrale und verlangte, als erster schwarzer Erzbischof in der Geschichte Südafrikas eingesetzt zu werden.  Drei Jahre später läutete er die letzten Tage der Apartheid ein, als er an der Spitze von 30.000 Menschen von der Kathedrale zum Rathaus marschierte, wo er das Leitmotiv des neuen Südafrika prägte. „We are the rainbow people!“, rief er der Menge zu. „We are the new people of South Africa!“

Dorp Street in Bo-Kaap mit Auwal-Moschee – die älteste Moschee in Südafrika

Dorp Street in Bo-Kaap mit Auwal-Moschee – die älteste Moschee in Südafrika

Das Bo-Kaap mit seinen farbenfroh getünchten Häusern aus dem 19. Jahrhundert und einem Gewirr aus Gassen und Pfaden ist eines der ältesten und faszinierendsten Wohnviertel Kapstadts. Es besitzt seine ganz eigene, unverkennbare Identität, die nach der Zerstörung des District Six, mit dem es viel gemeinsam hatte, umso deutlicher hervortritt.
Die Einwohner des Bo-Kaap sind Abkömmlinge von ehemailigen Regierungsgegnern und Sklaven, die im 16. und 17. Jahrhundert hierher verschleppt wurden.
Die Auwal in der Dorp Street, die erste offizielle Moschee Südafrikas, wurde 1795 auf Betreiben des islamischen Gelehrten Tuan Guru gegründet. Inzwischen zählt das 10.000 Einwohner starke Viertel zehn weitere Moscheen.

Muslimische Hochzeit im Bo-Kaap

Muslimische Hochzeit im Bo-Kaap

Pause im Straßencafé am Greenmarket Square

Pause im Straßencafé am Greenmarket Square

Der Greenmarket Square ist durch seine schattenspendenden Bäume ein angenehmer und wirklich schöner Platz mit Kopfsteinpflaster und historischen Gebäuden verschiedener Zeitepochen. Ursprünglich wurde der Platz als Gemüsemarkt genutzt.
Heute gibt es hier zahllose Cafés, unterhaltende künstlerische Darbietungen und einen sehr quirligen Flohmarkt, auf dem das Feilschen ein Muss ist.

Endlich zeigt sich der Tafelberg einmal wolkenfrei, und eine Fahrt mit dem öffentlichen Bus lohnt.
MyCiTi-Bus wurde vor der Weltmeisterschaft 2010 installiert, sodass es nunmehr ein funktionierendes, flächendeckendes Bussystem in Kapstadt gibt. An der MyCiTi-Station legt sich jeder eine elektronische MyConnect-Card zu und lädt sie mit Mover-Points auf. Um die genauen Kosten für eine Busfahrt zu ermitteln, scannt man die MyConnect-Card an dem dafür vorgesehen Gerät im Bus oder an der MyCiTi-Station ein und beim Verlassen wieder aus. Das Ganze ist für Nicht-Einheimische anfangs umständlich, aber ein faires Bezahlsystem.

Schwebebahn auf den Tafelberg

Schwebebahn auf den Tafelberg

Obere Schwebebahnstation

Obere Schwebebahnstation

Die einfachste, aber aufgrund der faszinierenden Aussicht keinesfalls langweiligste Art auf den Tafelberg zu gelangen, ist die Fahrt mit der Schwebebahn, die seit 1997 installiert ist.
Zwischen Weihnachten und Neujahr geht es turbulent zu, sodass die Wartezeit anderthalb Stunden Schlange stehen bedeutet; gut ist, dass wir die meiste Zeit im Schatten warten können.
Die Schwebebahn ist so konstruiert, dass sie sich unterwegs einmal um ihre eigene Achse dreht und uns einen Rundumblick ermöglicht. Nur eine Hälfte der Kabine ist verschlossen; die andere Hälfte ist offen und lediglich mit einer Reling gesichert, und so stehe ich direkt vor der schroffen steilen Felswand, was mir den Atem raubt.

Rotflügeliger Star

Rotflügeliger Star

Das 1087 Meter hohe, abgeflachte Massiv des Tafelbergs, das Seefahrern seit Hunderten von Jahren aus großer Entfernung den rettenden Hafen Kapstadt ankündigt, beherrscht mit seinen schroffen Felshängen und tiefen Schluchten die Nordspitze der Halbinsel. Die Nordwand mit dem Lion’s Head im Westen und dem Devil’s Peak im Osten überragt die Innenstadt.
Den westlichen Bereich des Berges prägen eine Reihe zackiger Formationen, die sogenannten Twelve Apostels.

Devil's Peak

Devil’s Peak

Links der Lion's Head, in der Ferne Robben Island und rechts das Fußballstadion

Links der Lion’s Head, in der Ferne Robben Island und rechts das Fußballstadion

Auf dem Tafelbergmassiv wachsen mehr als 1.400 Pflanzen; viele von ihnen sind endemisch. Daher hat man das Wahrzeichen Kapstadts auch unter Naturschutz gestellt.
Die meisten der dort lebenden Tiere sind sehr scheu und verschwinden, sobald sie die Anwesenheit eines Menschen registrieren. Wir sehen aber neben Staren auch mehrere Klippschliefer, von denen einige ihre Scheu vor Menschen verloren haben.

Wanderung auf dem abgeflachten Massiv in 1087 Metern Höhe

Wanderung auf dem abgeflachten Massiv in 1087 Metern Höhe

Es ist windig und kühl hier oben; gut, dass wir Jacken dabei haben.

Die Sellerie ähnliche Pflanze soll bei Berührung fiese Hautreizungen auslösen

Die Sellerie ähnliche Pflanze soll bei Berührung fiese Hautreizungen auslösen

Anschauliche Darstellung des Gebirges mit Tafelberg

Anschauliche Darstellung des Gebirges mit Tafelberg

Der Tafelberg ist Teil einer Bergkette auf der 52 Kilometer langen und bis zu 16 Kilometer breiten Kap-Halbinsel, deren Südende das Kap der Guten Hoffnung bildet.

Twelve Apostels

Twelve Apostels

Oje, erneutes eineinviertel Stunde Warten ...

Oje, erneutes eineinviertel Stunde Warten …

Das südafrikanische Queuing geschieht mit großer Gelassenheit – es ist eh nicht zu ändern –  und ohne Drängeln.

Das Beobachten der Dassies/Klippschliefer versüßt die Wartezeit

Das Beobachten der Dassies/Klippschliefer versüßt die Wartezeit

Die kleinen, stämmigen, schwanzlosen Tiere werden zwei bis fünf Kilogramm schwer und 15 bis 30 Zentimeter lang. Sie fressen Gras, Blätter und Früchte und leben in Kolonien, deren Größe vom Nahrungsangebot abhängt. Droht Gefahr, stoßen sie einen schrillen Warnschrei aus. Den hören wir, als ein Klippschliefer einen anderen jagt.

Kletterfreudiger Klippschliefer

Kletterfreudiger Klippschliefer

Die Abfahrt mit der Schwebebahn ist ebenso spektakulär wie die Hinfahrt, nur wissen wir diesmal, was uns erwartet.
Mit dem MyCiTi geht’s zurück in die Stadt. Das war ein Must have heute, ein absolut lohnender Ausflug!

Ein Gedanke zu „Kapstadt

  1. Holger

    Hey Frank
    Ein frohes und gesundes neues Jahr. Viel Spaß bei der coolen Motorradtour. Hoffe wir drehen auch mal ne Runde in Deutschland zusammen. Pass auf dich auf und liebe Grüße von der gesamten Familie.

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